laut.de-Kritik
Eine neue Generation beschwört den Untergang.
Review von Jasmin LützIm Sommer 2021 tauchen Geese aus Brooklyn plötzlich vor Collegebeginn auf: Ihre erste Single "Disco" vom Debüt "Projector" verzückt mit zackigen Riffs und groovy Melodien. Endlich eine neue Indie-Gitarrenband. Da ist für jeden New Wave- und Punk-Fan was dabei.
Auf ihrem zweiten Album "3D Country" rocken sie nun weiter auf der Nostalgiewelle zwischen Television, Jet, den Strokes und Electric Six. Mit ekstatischen Headbanger-Allüren startet "2122: Trippelnder Bass, wilde Beats und eine ziemlich abgefahrene Soundstruktur. Wird hier der Untergang des Abendlandes beschworen? "We can make love in the end times / Meteor of peace I'm trying to find the downside." Das musikalische Äquivalent zu Roland Emmerichs Katastrophenfilm "2012", nur versetzt in 2122?
Die jungen Musiker von Geese gehören zu der Generation, die die Welt retten will oder dazu verdammt ist, ihr beim Zerfall zuzusehen. Die Texte deuten eine Auseinandersetzung mit den heutigen Lebensbedingungen und Gefahren an, wodurch der Sound noch getriebener wirkt, im Nachgang aber auch irgendwie versöhnlich. Dazu kommen die abwechslungsreichen Gesangseinlagen. Sänger Cameron Winter verriert gut mit seiner Stimme. Mal nölt er à la Mark E. Smith oder er switched wie David Longstreth in höchste Töne ("I See Myself"). Dazu servieren Geese harmonischen Backgroundgesang von Audrey Martells und LaJuan Carter im Titelstück und ausgeklügelte Melodien zwischen Indie-Rock und Country-Folk ("Gravity Blues").
Trotz ausrastender Noise-Momente und komplizierter Dynamik ("Undoer") finden alle fünf Musiker immer wieder in ein geselliges Happening zusammen. Während der Himmel in Flammen steht, kreischen Gesang und Gitarren sämtliche Sorgen raus ("Mysterious Love"): "I wanna hide you from the sun / even if I know I can't." Gängige Melodien fangen den Wahnsinn immer wieder auf ("Cowboy Nudes"). Gedankenverloren können Geese auch: "Tomorrow's Crusade" fällt ein wenig aus dem Rahmen. Streicher ummanteln Camerons Falsett und er fragt: "Where would I ever be without you?"
"3D Country" ist eine Platte voller Beobachtungen und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Leben und der Natur. Mal zynisch, mal mit Humor, denn wer weiß schon, wie und wann das alles enden wird? Man sollte sie im Auge behalten: Die New Yorker begeistern mit einem hervorragenden Sänger, nicht vorhersehbaren Songs und einem angebrachten Augenzwinkern.
4 Kommentare
Noicer Shit.
Relativ unerträglich
Musik für NPCs.
Das is ein ziemlich starkes Ding. Auch wenn sie überhaupt keinen Hehl draus machen, dass sie auf Led Zeppelin, die Stones, die Strokes, Radiohead oder Queen stehen und die kopieren, schaffen sie den Bogen, ihren Sound auch ins jahr 2023 zu holen. Echt gelungen. Mehr dazu: https://youtu.be/CpGZgs6sn6E