laut.de-Kritik
Stücke wie Traumsequenzen, exotisch, atemlos und sinister.
Review von Markus BrandstetterGlen Hansard hat sich längst als Prototyp des Singer/Songwriters etabliert, als Troubadour, aus dessen Schmiedeisen emotionale Songs in feinen Akustikarrangements entspringen. Schön, aber auch nicht immer spannend. Auf seinem neuen Solo-Album geht der Mann (siehe auch: The Frames, The Swell Season) wieder einen anderen Weg. Der Troubadour hat Pause, es wird (wieder) experimentiert, es geht um den Klangteppich, die Atmosphäre.
"I'll Be You, Be Me" schleicht voran. Ein langsamer Drummachine-Beat, ein pulsierender Bass, dazu etwas Geräuschkulisse, Piano, Streicher. Hansard flüstert atemlos: es ist eine geräusch- und ambientgetränkte Kulisse, die Hansard hier baut. Das Stück wird dringlicher, lauter, schwillt an. Es ist rastlos, ruhelos, bedrückend.
"Don't Settle" zehrt von rudimentären, in Moll gehaltenen Klavier-Akkorden. Auch hier haucht Hansard anfangs mehr als er singt, lässt die Stimme abbrechen. "You got learn how to get out of the way", singt er, das passt irgendwie zur ganzen Platte. Und wieder wird alles groß, multidimensional, bäumt sich zu einer Dichte auf, seine Stimme klingt ungewohnt hart. Das ändert sich bei "Fool's Game" wieder, eine rührselige Ballade - aber auch hier arbeitet er mit atmosphärischem Unterbau, vielen Effekten, viel Raum, viel Hall. Leere, Leerlauf – und dann wieder Aufschwung, Klimax, Distortion, Klangwände.
"Race To The Bottom" ist luftiger Atmo-Americana, Soundwand baut er hier keine in die Luft. Oft, zum Beispiel wie bei "The Closing Door", klingen die Stücke wie hypnotische Traumsequenzen – exotisch, atemlos und oft ein wenig sinister. "Brother's Keeper" beginnt als recht reguläres Hansard-Stück, ehe es sich gegen Ende öffnet und wieder in einen Klangteppich ausbricht, an dem es an allen akustischen Ecken und Enden pulsiert. Klangdichte ist die Devise – auch bei spärlichen, balladesken Stücken wie "Threading Water" oder "Good Life Song".
Bemerkenswert ist auch das letzte Stück des Longplayers: mit "Leave A Light" legt Hansard ein Irish-Folk-Lament hin, einen schwermütigen Abschiedsgesang, der die Platte in Richtung Reduktion zum Ende führt.
"This Wild Willing" würde auch als Soundtrack eine ausgezeichnete Figur machen. Hansard hat es gewagt, den Kern zu reduzieren, dafür das Drumherum, den Klangteppich ordentlich anzureichern. Die Geräuschhaftigkeit bereitet nicht nur ihm, sondern auch dem Hörer/der Hörerin großes Vergnügen – vorausgesetzt, man nimmt sich die Zeit und den akustischen Raum, die oft nicht ganz kurzen Stücke wirklich auf sich wirken zu lassen.
3 Kommentare
Hat mich tatsächlich erst mal bekommen, nachdem mich seine letzten Werke eher gelangweilt haben. Schönes Album für solch sonnige Tage.
wahnsinnsplatte - echter aoty-anwärter.
Obwohl er eigentlich schon bekannt sein dürfte noch immer ein Geheimtipp und live eine Wucht.