laut.de-Kritik
Die Techno-Messlatte liegt in diesem Jahr hoch.
Review von Daniel StraubTraumhaft, das hat sich Gui Boratto wahrscheinlich im Kalender unter das Jahr 2006 geschrieben. Kein Wunder, schließlich hat der Brasilianer gleich mehrere erfolgreiche Releases auf dem Kölner Techno-Label Kompakt gelandet. Außerdem war er mit Veröffentlichungen auf den Labels Audiomatique, Harthouse und Plastic City präsent. Eine ziemliche Hypothek für das nun anstehende Debütalbum "Chromophobia" möchte man meinen.
Doch Boratto lässt sich die südamerikanische Leichtigkeit so schnell nicht austreiben. Locker und dennoch entschlossen konsequent geht er seinen Weg. Dabei lässt er sich von seinem guten Lauf im vergangenen Jahr wenig beeindrucken. Kein einziger Track, der in der Vergangenheit bereits auf Vinyl releast wurde, hat die Hürde genommen und es auf "Chromophobia" geschafft. Der Mann scheint auf die Qualität seiner neuen Produktionen zu vertrauen.
Recycling im LP-Format ist seine Sache nicht. Eine solche Haltung erfordert Mut auch gegenüber dem Label, wo natürlich gerne Verkaufsargumente in Form von Hits ins Felde geführt werden. Einzig "Gate 7" macht hier eine Ausnahme, aber darüber mögen wir einmal hinwegsehen. Schließlich haben die übrigen zwölf Tracks des Albums genügend Substanz zu bieten, um nicht im Schatten der einen Hitsingle stehen zu müssen.
Boratto hat keine Lust, Stückwerk zu betreiben. Er konzipiert "Chromophobia" als eigenständiges Album, unabhängig von seinen bisherigen Maxi-Erfolgen. Und so kann die Scheibe ihre ganz eigene Spannung und Dramatik aufbauen - vom ersten bis zum letzten Track. Das heißt natürlich auch, dass Boratto das Tempo immer wieder rausnimmt. Neben Dancefloor-Nummern wie "Shebang" oder "Terminal" stehen deshalb ruhigere Tracks wie "Mr. Decay" oder "Wonderful World" mit seinen Vocal-Einlagen.
Gleichzeitig kommt in den Tracks von "Chromophobia" der erfahrene Produzent Boratto zum Vorschein, der in der Vergangenheit schon mit Mano Chao oder Garth Brooks zusammen gearbeitet hat. Die Clubkultur bleibt zwar der wichtigste Bezugspunkt, in seinen Tracks schwingen aber auch Ideen mit, die darüber hinaus weisen. Boratto legt die Messlatte für das Technojahr 2007 hoch. Man darf gespannt sein, wer als erstes darüber springt.