laut.de-Kritik
Frisches Blut tut beim Berliner Technolabel Not.
Review von Daniel StraubTechnolabels sind in der Regel recht kunden- sprich hörerfreundlich. Deshalb gehört es zum guten Ton, einmal jährlich die Releases der vergangenen Monate noch einmal in Erinnerung zu rufen. Sollte man also etwas verpasst haben, so bekommt man es hier mundgerecht serviert. Für die paar verbliebenen CD-Käufer sind derlei Compilations oftmals die einzige Gelegenheit, sich auf den Stand der Dinge zu bringen. Downloader und Vinylkäufer werden den Großteil der Tracks in der Regel schon kennen.
Das Berliner Label Mobilee hat seine Nabelschau auf den Namen "Back To Back" getauft. Wie schon bei der Premiere gibt es auf der ersten CD die wichtigsten Tracks der letzten zwölf Monate und auf Nummer zwei einen Mix. Für diesen hat sich der Brite GummizH alias Alexander Tsotsos an den Mixer gestellt. Er tritt damit die Nachfolge von Label-Chefin Anja Schneider an, die die erste "Back To Back"-Auflage im Jahr 2006 unter ihre Fittiche genommen hatte.
GummizH ist ein labeleigenes Gewächs und kann auf zahlreiche Release zurückblicken. 2007 hat er mit "Mind Games" und "Bar Loca" zwei feine Maxis veröffentlicht. Die bleiben hier aber im Schrank. Stattdessen peppt GummizH die erste Scheibe mit zwei exklusiven Tracks aus seinem Studio auf. Ihnen stellt er Maxi-Releases von Sleeper Thief, Sebo K, Marco Resmann, Pan-Pot, Jennifer Cardini und Marc Antona zur Seite. Alles ungemixt und in voller Länge.
Die Tracks definieren die Mobilee-Soundästhetik als streng funktional, minimal und zunehmend düster. Im Vergleich zur ersten Compilation, die mit deepen und Detroit-Anleihen zu Gefallen wusste, wird aktuell der Tool-Charakter der Tracks betont. Kann man alles für zwei drei Minuten in einem Set spielen. Warum man sich die Nummern aber länger anhören sollte, geht mir nicht auf. Das war bei "Full Of You" von Sleeper Thief und "Side Leaps" von Anja Schneider und Sebo K. noch ganz anders. Hier hatte man es mit ausgewachsenen Tracks zu tun, die über die volle Spielzeit etwas zu bieten hatten.
Besser klingen die Mobilee-Stücke deshalb im Mix von GummizH. Insgesamt 27 Tracks hat er für sein Set ausgewählt. Technisch bis ins letzte Detail ausgefeilt, reißt einen der Mix dennoch nicht mit. Zu kühl und vor allen Dingen zu ähnlich klingen die Tracks. Es war in der Vergangenheit sicherlich eine Stärke von Mobilee, mit einer Handvoll Künstler ein schlagkräftiges Label mit einem unverwechselbaren Trademark-Sound aufgebaut zu haben. Doch ist man hier an einem toten Punkt angekommen.
Wie schon Luciano mit seinem Cadenza-Imprint, so wird auch Anja Schneider ihrem Label bald neues Blut zuführen müssen, um sich dauerhaft als eines der einflussreichsten Technolabels halten zu können. Man darf sich in Zukunft also hoffentlich wieder auf spannendere Mobilee-Releases freuen, als sie die letzten zwölf Monate bereitgehalten haben.
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