laut.de-Kritik
"Am Ende Des Tages" hinein in die Nacht.
Review von Oliver LambrechtDie Nacht kann also beginnen. Die Leute dürfen sich nach der Arbeit zusammenraufen und gemeinsam Spaß haben. Während tagsüber das "große Ganze" noch Hauptthema war, ist es nun Zeit, sich mit dem "Ich", "Wir" und den "Befindlichkeiten" auseinanderzusetzen. Und Hannes Orange bietet den Soundtrack dazu: Für die einen das gepflegte Unkonkrete als ständiger Begleiter zwischen den Zeilen und Projektionsflächen en masse. Für die anderen Gesang, Gitarre, Schlagzeug, Bass. Hannes Orange erfinden dabei das Rad nicht neu, das war aber wohl auch nie die Ambition der Band.
Schon im Opener "Weiss" dreht sich Hannes Orange um Liebesdinge und vertont den Moment, an dem deutlich wird, dass der ehemalige Partner Wunden hinterlässt. Die Konstruktion ist simpel: Strophe ruhig, Refrain rockig. Bald ist der Punkt erreicht, an dem sich der Hörer von innovativen Momenten verabschieden kann. Ist aber nicht schlimm, das Album macht trotzdem Spaß.
Innovationsmangel führt nicht zwingend zur Spannungslosigkeit. "Feuer Frei" unterstreicht, dass man sich auch in bekannten Gebieten austoben kann. Die Tocotronics, Blumfelds, Kettcars, Sportfreunde haben die Grenzen abgesteckt, und Hannes Orange hüpft mitten drin herum.
Der weitere Verlauf des Album gerät zunächst etwas ruhiger. Melancholischen Eskapismus, der nicht zu schwer im Magen liegt und schöne Brücken baut, gibt es in "Amsterdam". Es wäre zu hoch gegriffen, von einer Hymne zu reden, aber in die Richtung geht es schon.
"Du Fängst Mich" ist thematisch "Weiss" in aggresiv. Schmerz ist eben ein klasse Motor für Rockmusik.
In dem Protest-Song "Beschweren" versammelt Hannes Orange seine Zielgruppe hinter sich und dem "Wir", aufmerksam macht dabei vor allem der Refrain. Klängen die Strophen nicht dermaßen ruhig, wären Protestmärsche im Bereich des Möglichen. So jedoch bleibt nur das hektische Indiedisko-Kinderschubsen beim Refrain.
Mit der Single "Was Ich Meine" klingt das Album aus und erreicht gerade noch rechtzeitig einen echten Höhepunkt. Mit ein wenig elektronischer Unterstützung gelingt der Band hier ein kleiner Ohrwurm. Einmal mehr geht es um Trennung, dieses Mal recht nüchtern und endgültig.
Für Hannes Orange wird es das aber nicht gewesen sein. Mit einem solchen Album in der Hinterhand darf der Weg durchaus weitergehen. "Am Ende Des Tages" angekommen, aber noch eine schöne Nacht vor sich. Es darf gefeiert werden.
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