laut.de-Kritik

Vorsicht, die Neo-Neandertaler kommen!

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Vorsicht, die Neo-Neandertaler kommen! "Wir finden irgendwelchem Kram im Müll ... und stöpseln ihn ein." Wer zur Umschreibung seiner Arbeitsweise schon auf Trash-Vokabular zurückgreift und sich selbst stolz als Archaismus deklariert, hat dem Unternehmen Pop eh vorab gekündigt. Insofern überrascht die Abseitigkeit von "LP" keinesfalls.

Wo die Inspiratoren und Tourbegleiter !!! oder auch Trans Am ihrem Wave-Dancerock via Gesang zusätzlichen Odem einhauchen, üben sich Holy Fuck in synthetischem Minimalismus. Improvisierte Rhythmen statt Melodie, pulsierendes Tackern und Hämmern statt Steptanz, perkussiver Krautrock anstelle eindeutiger Spannungsbogen. So weit, so experimentell.

Das Alleinstellungsmerkmal der zwei plus sechs Torontos: Sie emulieren Electronic Music, ohne auch nur in die Versuchung zu geraten, an virtuellen Knöpfchen zu drehen. Jeder dieser neun Tracks schleicht sich im Tarnanzug des eklektischen Spurschichtwerks in Ohr und Magen, um immer wieder neu einen sexy Stripdown aufs Synth-Gerüst hinzulegen.

Der Laptop und abrufbereite Samples werden kurzerhand als die eigentlich obsoleten Werkzeuge enttarnt. Denn wo Casio-Keyboards neben Drums im Proberaum stehen, braucht es keine Sequenzer mehr. Anhand dieser Mittel gelingt die fast perfekte Illusion. Und wo Enthüllung droht, greifen die Soundschwindler eben behilfsmäßig auf Nicht-Instrumente wie Filmprojektoren zurück.

Ähnlich wie die Matherocker Battles rücken Holy Fuck allzeit das Geräusch in den Vordergrund. Live dürfte es bei diesem Schaulaufen der Effektgeräte extrem physisch zugehen. Auf Albumlänge können die roughen De-Kompositionen nicht hundertprozentig einheizen. Den Arrangements mangelt es an der Dramaturgie. Vor der Heimanlage verursachen Holy Fuck also vorerst nur kalten Schweiß.

Trackliste

  1. 1. Super Inuit
  2. 2. Milkshake
  3. 3. Frenchy's
  4. 4. Lovely Allen
  5. 5. The Pulse
  6. 6. Royal Gregory
  7. 7. Echo Sam
  8. 8. Safari
  9. 9. Choppers

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