laut.de-Kritik
Vergesst Elvis! Der wahre King rockt in Hamburg.
Review von Artur SchulzLiebhaber von Verschwörungstheorien kommen bei Horst With No Name voll auf ihre Kosten. Der Hamburger Verweser des Rockabilly weiß beispielsweise, wie Elvis wirklich ums Leben gekommen ist: nämlich während eines Pornodrehs mit sexy Alien-Mädels. Auch musikalisch macht der Rocker keine halben Sachen: sein Albendebüt "Boogie Machine" schubst Kollegen wie die Stray Cats selbstbewusst in die Langweilerecke.
Dafür benötigt Horst zumeist keinerlei Unterstützung - der gewiefte Tausendsassa arbeitet in erster Linie als One Man Band und entwickelt dabei mehr Drive und Energie als manch komplette Combo. Das Schlagzeug stampft, die Gitarre knurrt: der Alben-Opener sitzt auf Anhieb. "I'm a Rock'n'Roll Man / you're my Rock'n'Roll Queen": mehr Lyrics braucht es nicht, Horst konzentriert sich aufs Wesentliche. Yeah! Die "Boogie Machine" pumpt weiter hochtourig.
Wer steht schon auf klapperdürre Klum-Models? Horst weiß um echte, pure Erotik, wenn er von einer "Big Fat Woman" schwärmt, und hat bei seiner Liebeserklärung womöglich die liebliche Beth Ditto vor Augen. Nach so viel Highspeed am Stück besucht "No Time" ein wenig luftholend den Rhythm And Blues des Sun-Studios. Doch den Verzicht auf aufmüpfige, dreckige Gitarrenwände leistet sich Horst With No Name auch hier nicht.
Einen genialen Wurf liefert der Hamburger mit "Internet Surfin" ab. In Dick Dale-Manier saust die Gitarre in Begleitung eines Tamburins über die Rockabillyprärie. Beiden begegnen auf ihrem Ausflug allerlei skurrile Sound-Besucher: neben spacigen Klängen aus Fifties-SF-Streifen und Geräuschcollagen mit Edgar Wallace-Atmosphäre erklingt sogar das markerschütternde Gebrüll Godzillas.
Bei solchen auf Albenlänge gut verteilten Auflockerungsübungen stehen dem One Man Musician dann doch ein paar hilfreiche Kollegen zur Seite. Das Stylophone und ein Handy-Theremin-App-Solo gehen aufs Konto von Winchester, Flash Ostrock sorgt für erdige Kuhglockensolos auf "Highwayman" und "Grandma".
"My Name Is Horst", stellt Mr. With No Name später in einem gleichermaßen temporeich wie orgelschwellend inszenierten Highschool-Rock'n'Roll-Popper klar. "You can call me Elvis / you can call me James Dean / but my name is Horst / Horst with no name". Doch bitte aufgepasst, mit wem er nun vergleichbar sei! Derlei Huldigungen können nämlich auch kräftig nach hinten losgehen. Ein dunkel gebrummtes "Don't call me Elton John" sei da Warnung genug.
Ebenfalls bemerkenswert: "Boogie Machine" ist ein komplett balladenfreies Album. Horst kennt nur den Weg geradeaus. Und brettert über nur unnötig bremsendes Zuckerzeug wie "Love Me Tender" einfach mit Vollgas rüber. Eintönigkeit kommt in den 14 Tracks dennoch nie auf: dafür hat der Musiker einfach zu viele Fertigkeiten im Gepäck, die er in seinen Highspeed-Rockabilly sorgfältig mit einflechtet.
Rhythm, Rock, Blues, Surf und irgendwas Verqueres, das als Psychobilly durchgehen kann, sorgen für die nötige Kurzweil. Im Booklet gehen Danksagungen u. a. an den Jägermeister-Likör, und ans nordische Holsten Pilsener. Für ein Booklet-Foto posiert Horst aber auf einer Kiste Becks stehend. Richtig so - der einzig wahre King Of Rock weiß halt auch in Sachen Getränkewahl, dass Abwechslung immer guttut.
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