laut.de-Kritik
Selbst der Vocoder klingt einfach unwiderstehlich.
Review von Michael SchuhDenkmäler stürzen sehen oder selbst beherzt nachzuhelfen, liegt nicht im Sinne von Hot Chip, selbst wenn das Cover dies suggerieren mag. Dafür lieben Alexis Taylor und Joe Goddard, die Chefdenker der zur Band erwachsenen Gruppe, sowohl ihre eigenen Helden, als auch die Ausdrucksform Musik viel zu sehr. "One Life Stand" legt davon in einer Weise Zeugnis ab, die man selbst den kaum fassbaren Songwriting-Maniacs nicht zugetraut hätte.
Wider besseren Wissens beging ich vor Wochen erneut den Fehler, das neue Album anhand der gleichnamigen Vorabsingle "One Life Stand" hoffend vorzuskizzieren, nur um am Ende mal wieder festzustellen, dass man dies besser den Anhängern von Calvin Harris überlassen sollte.
Mehr noch als zuvor (ja, das geht!) feiern Hot Chip ihre stilistische Ausgelassenheit, stoßen in immer neue Räume vor, stets auf der Suche nach einer neuen, elektrisierenden Atmosphäre. "Die aggressiv bearbeitete, digitale Dance-Musik ging mir ziemlich auf den Zeiger, meckerte Goddard im Vorfeld.
Taucht man in die schwebende Dance-Hypnotik des Openers "Thieves In The Night", spürt man sofort, was er meint. Moderne Tanzmusik muss nicht aalglat und steril klingen, sie darf hier und da auch rumpeln. Wie der eigene Körper nach Mitternacht auf dem Dancefloor eben.
Im Stile nächtlicher Diebe gleiten Hot Chip behutsam und unbemerkt durch ihre Soundwelten, die mal wieder einen Spagat vollziehen, der von Curtis Mayfield bis Derrick May reicht. In der fucking uplifting 90er House-Hymne "I Feel Better" gelingt ihnen sogar das Unmögliche, einen Vocoder als veritables Stilmittel zu integrieren.
Überhaupt: Zauberhaft unwiderstehliche Hooks mal wieder, wo diese Freaks sie auch immer wieder aufs Neue hernehmen. Die Enttäuschung über gezügeltere Rhythmuspatterns weicht jedenfalls schnell einer Begeisterung für die minimale Perfektion der Balladen "Slush" oder "Keep Quiet".
Nicht zu vergessen das mit himmlischen Celli veredelte "Hand Me Down Your Love" oder ihr größter Song-Moment to date: "Alley Cats" mäandert dank des göttlichen Stimmendoppels Taylor/Goddard auf eine Raum und Zeit verlassende Zwischenebene. Musik gewordenes Yoga. Im Rausschmeißer "Take It In" fühlt man dieses Hochgefühl noch einmal im wattigen Refrain, der mit trockenem Techno in den Strophen konterkariert wird.
In gewisser Weise gelingt den Briten auf "One Life Stand" ein überzeugender Mix aus der Spacehaftigkeit ihres Durchbruchswerks und dem bisweilen anstrengenden, schwer ausgefuchsten "Made In The Dark". Dort hörte man streckenweise mehr das Vinyl-Checkertum seiner Schöpfer als den Song. Nun sind Hot Chip ganz bei sich. Und immer näher am Denkmal.
6 Kommentare
das hört sich ja recht spannend an!
http://www.myspace.com/hotchip
isses auch...so schnell reinhören wie möglich. album wird recht bald wohl nicht mehr in voller länge streamen.
achja, the warning ist trotzdem nicht hot chips debut, wie der link in der review nahelegt.
komisch.... irgendwie total langweilig
@Stän (« komisch.... irgendwie total langweilig »):
ein kommentar für die ewigkeit
Wenn man eine Review schreibt sollte man sich wenigstens ein bisschen mit der Band auskennen. Das Debut ist immer noch "Coming on Strong" (ein sehr gutes Album).
Ist mir zu aufgebläht, zu künstlich zu groß gemacht.
"Made in the Dark" bleibt ihr bestes...