laut.de-Kritik
Der frühere Hardcore-Gitarrist findet zur Gelassenheit.
Review von Michael SchuhWenn im Jahr 2007 ein Studioalbum nicht nur auf CD erscheint, sondern auch auf Vinyl, wenn deren Stückzahl zudem auf 300 limitiert ist, davon wiederum 100 in transparentem Vinyl erscheinen und alle zusammen auch noch handnummeriert sind, dann kann der Hersteller kein fusionswilliger Großkonzern unserer Zeit sein. Zu viel Liebe steckt hier im Detail, zu deutlich schert man sich einen Dreck um gängige, im Vorfeld krampfhaft ausgearbeitete Marketing-Konzepte.
Die Ironie liegt nun darin begründet, dass den Songs des Ian Love die finanzkräftige Power eines Majorlabels durchaus gut zu Gesicht stünde. Handelt es sich bei seinen Kompositionen doch gerade aufgrund des fantastischen Harmoniegesangs um beinahe massentauglichen Singer/Songwriter-Pop. So freut sich aber wieder mal ein kleines Mitglied der Branche, nämlich das sehr junge Hamburger Label Arctic Rodeo, deren Macher zu der überschaubaren Masse gehören, die mit dem Namen Ian Love überhaupt etwas anfangen können.
Den Künstler selbst dürfte es freuen, denn mit Majorlabels hat er zu seiner Zeit als Mitglied von Rival Schools genug am Hut gehabt. Obwohl ein Hardcore-Veteran alter New Yorker Schule, war sich der Gitarrist noch nie zu fein, seine Vorliebe für Star-Kollegen wie Jimmy Page oder The Edge öffentlich zu machen und diese selbstbewusste Unbeschwertheit scheint sich nun in seinen akustisch angelegten Songs wieder zu spiegeln.
Mit der Seelenruhe, die man einem Mann mit Loves Background nicht unbedingt zutrauen würde, präsentiert er auf Albumlänge so schlichte wie auf den Punkt arrangierte, und dabei absolut zeitlose Songs, die auch dem angestaubten Gitarrenpop-Genre nochmal einen Stoß versetzen. Viel mehr als ein wenig Mundharmonika, Piano und eine gestrichene Snaredrum benötigt er dazu nicht. Menschen, die am liebsten zu den atmosphärisch-ruhigen Stücken von Nick Drake oder Elliott Smith ins Kissen schluchzen, dürften die einnehmend warme Stimme Ian Loves binnen Sekunden ins Herz schließen.
Die wunderbaren Songs "Sky To Fall" und "Don't Let Go" waren es schließlich, die den Musiker im Jahr 2005 veranlassten, ernsthaft über ein Soloalbum nachzudenken. Als ihm sein alter Rival Schools-Kumpel Walter Schreifels, bei dem Love demnächst einige UK-Konzerte im Vorprogramm bestreitet, schließlich noch gut zuredete, lief alles wie von selbst. Mit "Lost On The River" ehrt er am Ende noch herrlich spartanisch Country-Legende Hank Williams. "Rest your soul now / cause music saves your life", singt Love an einer Stelle und fasst so sein Erstlingswerk in knappen Worten schön zusammen. Ach ja, die CD-Version erscheint natürlich in einem schicken Digipack, gänzlich plastikfrei.
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