laut.de-Kritik

Ähnlich unantastbar wie die befreundeten Big Thief.

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Das Big Thief-Musical-Universe wächst beständig weiter. Kürzlich erst veröffentlichte Gitarrist Buck Meek sein zweites Album, Adrienne Lenker kann anscheinend sowieso nicht aufhören "Songs" zu schreiben und Drummer James Krivchenia ist neben eigenem Solo-Projekt auch als Percussionist unter anderem bei Kevin Morby gefragt. Bei der hohen Qualität des Outputs aus dem Big Thief-Camp ist es kein Wunder, dass selbst aufstrebende Musikerinnen aus Australien Teil dieses Kosmos werden wollen. Indigo Sparke, die Australierin, um die es hier geht, hat ihre Profession schon bei der Taufe erhalten: Gibt es Geburtsnamen, die mehr nach Folk klingen?

Von ihren musizierenden Eltern wurde sie nach dem Song "Mood Indigo" von Duke Ellington benannt und schon früh mit Joni Mitchell und Neil Young vertraut gemacht. Gitarre spielen brachte sie sich in ihren Zwanzigern dann selbst bei und ergatterte 2016 mit der EP "Night Bloom" erste Anerkennung in der Musikwelt. Was schließlich dazu führte, dass sie 2017 und 2018 Big Thief bei deren australischen Auftritten unterstützte, zum South By Southwest 2019 eingeladen wurde und 2020 ein Tiny Desk Concert bei Bob Boilen spielen durfte. Wie bei vielen Musiker*Innen folgte dann natürlich auch: Konzertabsagen, in diesem Fall wieder als Support für Big Thief.

Das bedeutete aber mehr Zeit, um mit Unterstützung von Lenker, dem Produzenten Andrew Sarlo und dem Ingenieur Phil Weinrobe ihr beeindruckendes Debüt-Album fertigzustellen. Die Songs, das kann man hören, wurden größtenteils auf einer Reise durch die USA 2019 geschrieben. Teilweise verschwimmen die sowieso schon schwammigen Grenzen zwischen Americana und Folk. Ähnlich unantastbar wie auch Lenker, schwebt Sparke mit ihrem halligen Gesang und den verträumten Texten über den erdigen Kompositionen. Die Fokussierung auf gezupfte E-Gitarre erinnert immer wieder auch an Laura Marlings großartiges Album "Short Movie". Ganz besonders das eindringliche "Baby", das tatsächlich wie ein Schlaflied klingt und dessen Kernzeile lange nach halt: "B-A-B-Y, you're my lullaby". Generell mag man dem Album vorwerfen, es wirke einschläfernd, aber selbst wenn man kurz wegnicken würde, wäre es sicher ein ganz wattiger und erholsamer Schlaf.

Das schlurfende Tempo des Albums, der weitgehende Verzicht auf Drums und ganz besonders Sparkes zarter Gesang sorgen für eine mitreißende Intimität, in die man über die neun Stücke wunderbar eintauchen kann. Das bei Titeln wie "Colourblind" oder "Carnival" dabei auch noch diese verpennte Leichtigkeit mitschwingt, macht das ganze umso beeindruckender. Selbst der Spoken Word-Track "Dog Bark Echo" fügt sich großartig ein, liefert musikalisch nur ein durchgängiges Brummen und ein recht simples Gitarren-Motiv. Dazu abstraktes Gemurmel von Sparke: "A kiss came in the break of night / A dog bark echo flooding the mountain cur / The wet broken dream / The wet broken, dripping dream".

Generell haucht Sparke ihren Texten eine gewisse Gravitas ein, ohne wirklich explizit zu werden. Sie wirken immer ambitioniert in Richtung Poesie, aber nie prätentiös, was auch an ihrem fast schon zerbrechlichen Vortrag liegt. So auch im bedrückenden "Bad Dreams": "We broke the walls down / So we could walk right through / I laid out my fragile heart / I laid my mind out, too". Das Stück ist komplett reduziert auf Gesang und E-Gitarre, wobei Sparke sich hier stimmlich ausbreitet und stellenweise in ein Jaulen übergeht. In anderen Songs, beispielsweise "Wolf", lässt Sparke Tragik und Leichtigkeit ineinander fließen. Das Verträumte oder Gedankenverlorene bewahrt die Musik dabei immer davor, zu düster zu wirken.

"Golden Age" ist ein weiteres Highlight, das mit übersteuernder Gitarre überzeugt. Obwohl auch hier auf Drums verzichtet wird, gelingt nur durch die Gitarrenanschläge ein launiger Drive. Mit "Everything Everything" klingt die Platte dann noch mal ganz schläfrig aus, hier erinnert Sparke an das fantastische Album "There's Always Glimmer" von Gia Margaret. Insgesamt ist "Echo" ein wunderbares Kleinod, dass durch seine Ruhe und Zurückgenommenheit aber wohl leider keine große Wellen schlagen wird.

Trackliste

  1. 1. Colourblind
  2. 2. Undone
  3. 3. Bad Dreams
  4. 4. Carnival
  5. 5. Dog Bark Echo
  6. 6. Golden Age
  7. 7. Wolf
  8. 8. Baby
  9. 9. Everything Everything

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