28. Oktober 2010

"Ich habe mein Bett gemacht und jetzt liege ich drin!"

Interview geführt von

Wir sprachen mit James Blunt über sein neues Album "Some Kind Of Trouble", das am 5. November erscheint.Wenn ein James Blunt ein neues Album veröffentlicht, gibt es keine Vorab-Bemusterung für Journalisten. Statt dessen wird man nach London geflogen und darf unter strengen Sicherheitsvorkehrungen mal in einige Songs reinhören. Immerhin, ein erster Eindruck und Grund genug, Blunt mal zu fragen, warum er eigentlich zur Zeit so wahnsinnig gut drauf ist.

Ich habe gerade in deine neue Single reingehört, die ziemlich fröhlich klingt. Du hast auch schon gesagt, dass das neue Album dich sehr befreit hat. Inwiefern denn?

Was ich über das Album als Ganzes sagen würde ist, dass es einfach Spaß gemacht hat. Man hört, dass wir viel Spaß im Studio hatten. Ich habe es mit Steve Obson geschrieben, mit dem ich eine tolle Verbindung hatte. Aus den Texten und den Emotionen der Songs kann man herauslesen, dass ich mich in einer sehr entspannten Situation befinde. Es ist ein optimistisches Album geworden, was man eben auch der Single "Stay Tonight" anhören kann.

Wie kam es dazu, ein solch positives Album zu machen. Gab es einen bestimmten Punkt, an dem du dachtest: "Ich muss aufhören, solch traurige Musik zu machen"?

Ich glaube, es war mehr eine Entwicklung. Das Album sollte festhalten, wer ich geworden bin. Ich hatte gerade zwei Alben rausgebracht und war viereinhalb Jahre auf Tour – die letzte sogar zwei Jahre am Stück. Danach habe ich mir vier Monate freigenommen und hing mit meinen Freunden ab. In dieser Zeit fing ich an, Songs mit einem gewissen Optimismus zu schreiben. Es kam ganz natürlich. Wir haben auch mehr Gitarren hineingenommen. Gestern habe ich die Sachen meiner Band gezeigt, und wir sind alle ganz aufgeregt, die Lieder vor Publikum zu spielen.

Wo wir gerade von Instrumenten sprechen: Zur Zeit kommt man als Pop-Act ja kaum am Synthesizer vorbei. Habt ihr euch bewusst gegen dieses 80er-Revival entschieden?

Ich glaube, das habe ich während des Schreibprozesses einfach nie bedacht. (Überlegt) Von der Haltung sind die Songs allerdings schon retro geworden, sie tragen diese 80er-Naivität in sich. Auch der Optimismus der Lieder, aber das ist eher so 1980. Danach – Zack – hörte das auf. Ja, es gab schon eine Masse an Keyboard-Geschichten damals. Natürlich gab es auch sehr gute Gitarrenmusik, aber daran erinnert man sich wohl nicht mehr so stark. Ich habe mich jedoch nicht bewusst für oder gegen ein Revival-Ding entschieden.

Gibt es denn Momente, in denen sich ein James Blunt zurücklehnt und über seine Musik nachdenkt: "Ich sollte das besser machen, oder das." Machst du dir manchmal darüber Gedanken?

Ja, auf jeden Fall. Ich frage mich beispielsweise, ob ein Song das empfundene Gefühl richtig einfängt. Gerade im Aufnahmeprozess machen wir uns ständig Gedanken über unsere Songs. Wir reden darüber, kritisieren es, nehmen noch mal neu auf. Nach einer Weile lernt man so dazu, weshalb ich denke, dass ich nun mein bisher bestes Album gemacht habe. Nur so kommt es zu richtig starken Songs, wie ich sie jetzt geschrieben habe.

"Ich nehme meine Musik sehr ernst"

Der enorme Erfolg von "You're Beautiful" resultierte ja in einigen Parodien. Zum Beispiel hat Weird Al Yankovich "You're Pitiful" gesungen, und sogar du selbst hast eine Version für die Sesamstraße gemacht. Wie gehst du mit solchen Parodien deiner Lieder um?

Wenn etwas derart erfolgreich ist und auf der ganzen Welt gehört wird, tauchen automatisch Parodien auf. Ich denke, das ist ein großes Kompliment, und je witziger die Parodie ist, desto mehr fühle ich mich geschmeichelt. Da gab es ein Lied, das "I'm Bloody Cold" hieß. Ich habe es mir an Weihnachten mit der ganzen Familie angehört, total witzig. Ein Radiotyp, Tom Gleason, hat auch eine tolle Version daraus gebastelt. Da sitzt er als der Freund des besungenen Mädchens in der U-Bahn, die ist großartig.

Wie kommst du zu solch einer reflektierten Position? Immerhin sind nicht wenige Musiker beleidigt, wenn sie durch den Kakao gezogen werden. Man muss doch seine Musik auch ernst nehmen oder?

Ich nehme meine Musik sehr ernst, nur mich selbst nehme ich nicht so ernst. Schließlich geht es im Leben doch auch darum, darüber zu lachen. Man kann auch immer über und mit anderen lachen. Ich finde, das sollte man sich zumindest zugestehen.

Dein Debüt "Back To Bedlam" nanntest du mal ein naives Experiment, während du im zweiten Album eher deine Erfahrungen mit dem Musikbusiness verarbeitet hast. Wie bezeichnest du nun dein aktuelles Werk, "Some Kind Of Trouble", und was ist das Hauptthema beziehungsweise die Motivation hinter dem Album?

Ja, das zweite war sehr introvertiert und reflexiv. Das neue ist ... (überlegt) ... ganz einfach so: Ich bin mit meinen Freunden rumgehangen und habe Musik gemacht. Das hat irrsinnig Spaß gemacht und deshalb ist es ein sehr optimistisches Werk geworden.

Es ist also ein simples Album?

Es gibt natürlich nachdenkliche Momente, aber gerade in solchen Songs wie "No Tears" zeigt sich der Charakter der CD. Ich singe da "no tears for me"; ich habe meine Entscheidungen getroffen und jetzt möchte ich das auskosten. Ich habe mein Bett gemacht und jetzt liege ich drin.

"Eine schöne Erinnerung kann man nicht mehr zurückholen"

Nach zwei ziemlich erfolgreichen Alben und einem in den Startlöchern, gibt es Ziele außerhalb des Musikbusiness', die du verfolgst?

Also nichts, das mein Leben umkrempelt oder so etwas. Ich werde mich so lange im Musikbereich herumtreiben wie ich Lust dazu habe. Sobald ich mich dabei unwohl fühle, höre ich sofort damit auf. Klar, es gibt auch Dinge, die ich noch weiter verfolgen möchte. Ich gehe zum Beispiel mit "Ärzte Ohne Grenzen" raus, da ich ihre Arbeit sehr schätze. Ich bin zwar kein Mediziner, das will ich auch nicht und das könnte ich auch nicht, aber ich möchte mich dafür einsetzen. Ich versuche auch nach Afghanistan zu kommen und die Soldaten dort zu besuchen, da ich ihre Situation verstehen kann. Auch wenn wir unsere Politiker kritisieren, sollten wir doch die Arbeit der Soldaten ehren. Für 2011 ist aber nur die große Tour geplant.

Hast du schon einmal daran gedacht, Soundtracks für Filme zu schreiben?

(Überlegt) Nein, eigentlich noch nicht. Einige meiner Songs wurden natürlich für Filme und Fernsehshows verwendet, aber das ist super. Wenn ich einen Song über ein sehr persönliches Gefühl schreibe und ihn die Produzenten eines Films für ihre Arbeit verwenden, dann zeigt das, dass sie ihre eigene Herangehensweise an meinen Song haben. Ich selbst habe aber noch nicht in diese Richtung gearbeitet.

Du legst ja immer sehr viel Wert auf Musikvideos. Ist das Video zur neuen Single schon abgedreht?

Ja, ich war vor ein paar Tagen in Los Angeles, in Malibu. Ich stehe total auf Surfen, deswegen wollten wir dieses Kalifornien-Surfer-Leben einfangen. Ich durfte im Video aber leider nicht surfen.

Deine Videos sind meistens sehr düster und pessimistisch. Sind das Entscheidungen der Regisseure oder magst du es, traurige Videos zu drehen?

Naja, ich hätte sie jetzt nicht traurig genannt. Ich würde in Richtung reflektiert gehen. Natürlich gibt es düstere und melancholische Elemente in ihnen. Das neue Video jedoch ist sehr schnell und optimistisch, da es einfach das ganze Album widerspiegeln soll.

Aber ist nicht "1973" auch ein fröhlicher Song, der ein ziemlich düsteres Video bekommen hat? Es zeigt dich, wie du sehr einsam durch die Straßen wanderst.

In dem Fall hat es etwas mit der Nostalgie des Liedes zu tun. Nostalgie kann sowohl positiv, als auch negativ empfunden werden. Eine schöne Erinnerung kann man schließlich nicht mehr zurückholen.

Das ist doch ein wundervolles Schlusswort. Vielen Dank.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT James Blunt

James Blunt ist wohl eine dieser Personen, denen man in ihrer Jugend am wenigsten eine musikalische Karriere prophezeit hätte. Die Voraussetzungen waren …

Noch keine Kommentare