laut.de-Kritik
Samtweich, deep versoult und funky.
Review von Ingo ScheelÜber 20 Alben hat der Finne Jimi Tenor im Laufe seiner mehr als drei Dekaden andauernden Karriere veröffentlicht. Nachdem er schon im Vorjahr mit der Compilation "NY, Hel, Barca" einen Trip in die eigene Vergangenheit unternahm, legt er nun mit "Deep Sound Learning (1993-2000)" noch einmal nach. Der Unterschied zum letzten Tonträger: Alle hier versammelten Tracks sind bislang unveröffentlicht.
Die Tatsache als solches schon irrwitzig genug, ist der Output des Mannes mit der charakteristischen Brille doch als zumindest opulent zu bezeichnen. Aber siehe da: Selbst bei der Masse an Releases gab es noch Überbleibsel, und die wanderten, auf DAT-Kassetten festgehalten, nach und nach ins Archiv. Dem haben sich nun Tenor und das Bureau B-Label gewidmet und so noch einmal 19 Perlen ans Tageslicht befördert.
Der Stilmix des gesamten Albums ist in schönster Tenor-Tradition zumindest als eklektisch zu bezeichnen. Man trifft auf reduzierte Drumtrack-Ausflüge und Minimal House-Anwürfe, ebenso wie weit angelegten futuristischen Neo-Jazz und cineastische Expeditionen. Mit dem Titeltrack als Opener zirpt und zwitschert es zum Einstieg wie einst in Frankies Pleasuredome, passend zum schwül angelegten Dancetrack.
Mit "Sambakontu" geht es aus Chicago direkt nach Brasilien, der superb verhallte Dub de Pablo gerät zum Dschungeltrip mit geisterhaften Flötensounds, die plötzlich von fast kubanisch anmutenden Trompeten abgelöst werden. "Anna Mennä" klingt wie ein Gruß an Senor Coconut, demgegenüber bleept und blonkt "Plan 9" zunächst, bevor Bläser-Kakophonisches in Kombi mit nightclubbigen Grooves wie ein Tanzabend auf der Orion klingt. Und mit "My Woman" als smoothem Closer wird dann alles nochmal samtweich, deep versoult und sexy.
Fazit: Ein Album wie eine Tenor-Jukebox, quer durch die Stile, nie auch nur drei Takte langweilig, sondern durchweg so inspiriert, wagemutig und funky wie sein gesamtes Ouevre.
Noch keine Kommentare