laut.de-Kritik

Krautrock? Ein wenig schon.

Review von

Zunächst schien alles nur ein Scherz zu sein. Ein gelungener zwar, aber eben doch nur ein Scherz. Als John Frusciante beim frühjährlichen Erscheinen seines Soloalbums "Shadows Collide With People" seiner verblüfften Fangemeinde und seiner vermutlich noch wesentlich verblüffteren Plattenfirma offenbarte, er gedenke binnen des nächsten Jahres nicht weniger als acht (!) längere bis lange Tonträger zu veröffentlichen.

Nun: aus dem Scherz wurde nichts, der Kerl meinte das tatsächlich ernst. Und so ist "A Sphere In The Heart Of Silence" nun das siebte Album innerhalb der letzten ca. neun Monate. Das nächste steht im Januar an. Verblüffend. Dass unter einem solchen gigantischen Berg von musikalischem Output nicht nur 1a-Top-Material für die Ewigkeit zu finden ist, liegt in der Natur der Sache. Dennoch muss man angesichts der musikalischen Qualitäten des bislang Gebotenen schlichtweg ehrfurchtsvoll den Hut ziehen. Chapeau!

Und so sind auch unter den sieben Tracks, die uns Frusciante und sein kongenialer Mitstreiter Klinghoffer, der erstmals explizit als gleichgestellter Artist genannt wird, auf "A Sphere .." präsentieren, zwei außergewöhnliche und höchst erstaunliche Stücke Musik vertreten. Dies ist zum einen der Opener "Sphere". Er verrät wieder einmal, welch weiten Horizont das innere musikalische Auge von Frusciante erblickt. Electronica, die den Hörer Phillip Glass' neue Klassik (vgl. "Koyaaniqatsi") assoziieren lassen, bilden einen nervösen und zugleich höchst harmonischen Untergrund, bis sich eine stoisch wummernde Bassdrum sowie diverse Gitarren dazu gesellen und eine sanft spacerockige Reise ins Restaurant am Ende des Universums antreten. Krautrock? Ein wenig schon.

Das zweite Highlight ist denn auch gleich der zweite Track des Beinahe-Longplayers. "The Afterglow" glüht und zischelt in der Tat gewaltig. Sehr interessant programmierte Drums mit Rimpshot bilden hier den leicht hippeligen Teppich, auf dessen Oberfläche sich ganz behutsam Bass und reduzierte Funkyguitar ausbreiten dürfen. Im Gegensatz zum instrumentalen "Sphere" erhebt Goldkehlchen John hier auch gleich sein eindringendes Organ und gurrt, kräht, schluchzt und fistelt sich in gewohnter Weise durchs Programm. Dazu werden spacige Electronica gereicht, wie ich Technofuzzi sie mir durchaus auch mal auf Dancefloor-kompatiblen Scheiben wünschen würde. Klinghoffer und Frusciante können die Maschinen echt zum Leben erwecken, das muss man ihnen schon lassen.

Leider gibt es nach diesem fulminanten Auftakt einen kleinen Bruch. Das liegt noch nicht einmal daran, dass nun vor allem Josh Klinghoffer die (Haupt-)Gesangsparts übernimmt, sondern vielmehr an der Tatsache, dass sich ab "Walls" der Himmel deutlich verdüstert. Und auch verschwurbelt. Auf jeden Fall haben die folgenden Songs einen deutlich anderen, schwierigeren Charakter als die beiden noch relativ leicht verdaulichen Starter. Teilweise aggressiver Frustsong, teilweise hochbetrübtes Kunstlied ist das doch recht schwere Kost, auch für den Liebhaber Frusciantescher Songkunst.

Zwar zeigen sich doch immer wieder in diversen Sounds, Gitarren- und Gesangsparts die Qualitäten der beiden Protagonisten. So zum Beispiel in den Synthiesounds und Chören des vergleichsweise einfachen "Surrogate People". Doch alles in allem fällt der Gang durch "A Sphere ..." nicht immer leicht. Reinhören ist auf jeden Fall spannend.

Trackliste

  1. 1. Sphere
  2. 2. The Afterglow
  3. 3. Walls
  4. 4. Communique
  5. 5. At Your Enemies
  6. 6. Surrogate People
  7. 7. My Life

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