laut.de-Kritik
Buntes Song-Herbstlaub und wärmende Melodie-Feuer.
Review von Artur SchulzJuli führen ihren eingeschlagenen Weg fort – und haben dennoch genügend Neuerungen und Überraschungen im Gepäck. "Ein Neuer Tag" ist nicht nur die Wiederholung einer bekannten Erfolgsformel, sondern steht problemlos für sich selbst. Der Alben-Opener "Dieses Leben" platzierte sich bereits als vorab ausgekoppelte Single mehr als freundlich in den Top Ten der Single-Charts. Mit "Du Nimmst Mir Die Sicht" federt ein äußerst charmanter Pop-Rocker aus den Lautsprechern. Der dritte Track "Bist Du Das" begeistert als ausgefeiltes, glänzend arrangiertes und mit effektvoll-harschen Gitarrenwänden verziertes Song-Juwel.
"Zerrissen" ist eine Juli-typische, intim-persönliche Bestandsaufnahme zum Thema Leben. "Egal Wohin" besticht neben der Kompositionsarbeit mit einem subtil ausgefeilten Arrangement mitsamt stilsicher gesetzten Sound- und Melodie-Details. A Propos Melodien: Da haben die Julis einen mit erlesenem Inhalt sehr gut gefüllten Topf irgendwo in ihrer Liederwerkstatt vorrätig. Mit "Ein Gruß" gelingt der Band sogar ein Kunststück, an dem bereits länger etablierte Künstler und Acts öfter mal gescheitert sind: Die persönliche (Dankes-)Botschaft an Freunde, Helfer und Fans. Textlich überwiegend unpeinlich formuliert, kommt die Botschaft an im Herzen der Hörerschaft.
Und wenn das Album dann schon lang vorbei ist, folgt noch ein kleines, instrumentales ... nein, ich werde hier nichts von Hidden Tracks oder so erzählen. Die sind ja schließlich versteckt. Unter den zwölf Titeln findet sich erfreulicherweise nur wenig durchschnittliches Material. Relativ vordergründig-belangloses Sing-A-Long wie etwa "Das Gute Gefühl" schmälert den positiven Gesamteindruck des kompletten Albums kaum. Denn es passiert was in den Songs: Da tauchen Breaks auf und Tempo-Verschleppungen, Rythmuswechsel und überraschende Wendungen. All das verbunden und eingefügt in ein gut gesetztes, ausgefeiltes Arrangement.
Aber: Wie läuft das denn bislang in Sachen Juli? Meiner persönlichen Erfahrung nach in etwa so: "Klar, die Helden sind klasse. Obwohl deren erste CD mehr als nur einen Tick besser war als die zweite. Tomte sind natürlich nur hochgeil, aber nicht deren letztes Album, denn das haben zu viele gekauft, find' ich. Mia sind gar nicht sooo Scheiße, wären aber erheblich besser, wenn die eine tatsächlich hübsche Frontfrau hätten. Dann sind da noch Kettcar, und ich meine ... wie, Du fragst mich nach JULI?" Stirnrunzeln, und eine kleine Pause tritt ein. "Naja, sicher sind die nicht grundsätzlich schlecht. Ich meine, hmm ... warte mal ... ja, dieser eine Song da auf dem ersten Album, neben dem peinlichen Wellen-Hit, den fand ich sogar ganz passabel ... ja, sogar sehr ordentlich Und da war noch einer ..." Erneute Pause. "Eigentlich ... sind Juli gar nicht so schlecht. Eigentlich ... finde ich die sogar ... richtig gut. Ja."
Ach. Warum nur winden sich so viele Musikfreunde, wenn es darum geht, Juli und ihr Repertoire zu mögen? Über 700.000 Tonträger des Debüts "Es Ist Juli" sind schließlich über die Republik verstreut. "Ein Neuer Tag" präsentiert sich nun als überzeugender Nachfolger.
Eva Briegel erläutert die Einstellung der Band: "Es geht nicht ums 'Rocken', nicht darum, welche deutschsprachige Band lauter ist und mehr rockt. In solche Schubladen wollen wir gar nicht rein. Wir erzählen mit unseren Songs Geschichten, wollen Gefühle und Gedanken transportieren, in denen sich auch andere wieder erkennen und so auch ein Teil der Songs werden".
So ist es kein Wunder, dass im Juli-Werk stets eine Menge Pop-Elemente zu finden sind. Und dagegen ist nichts einzuwenden – wenn der Pop überzeugt und gut gemacht ist. Die beinharten Rocker zählen von jeher sicher nicht zur Zielgruppe der Band. Andererseits: Auch im härtesten Langhaarigen steckt da irgendwo diese weiche Seite, die ebenfalls mal zu ihrem Recht gelangen will. Für diese Klientel sind Eva Briegel und Co. in einem solchen Falle gewiss nicht die schlechteste Wahl. Juli tun dem Hörer nie weh. Aber oft genug verdammt gut.
Sehr entspannt, mal locker-federnd, mal intim-verträumt oder rockig, aber niemals mit überflüssigem Zierrat überladen, zeigt sich die neue Werkschau von Eva Briegel und ihren Mitstreitern. Dermaßen gut austariert, ist dieser abwechslungsreich arrangierte Lieder-Strauß ein willkommener Blick- und Hörfang im privaten Musikzimmer. Manch Song erinnert an buntes Herbstlaub, das unter einer freundlichen Oktobersonne windbeschwingt durch die (Musik-)Straßen tanzt. So machen sie auf jeden Fall Spaß, die vor uns liegenden dunkleren Monate: Wenn dann und wann mal wieder ein wenig freundliche, wärmende Juli-Sonne durch die Wolken schimmert.
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