laut.de-Kritik

Zwischen "Batman"-Thema und Tarantino-Soundtrack.

Review von

Die klassische Trilogie in der Popkultur besitzt zumeist ihre festen Regeln. Der erste Akt stellt die Figuren vor, wir erleben erste Abenteuer, sie wachsen uns ans Herz. Im zweiten erfahren wir mehr über ihre Geschichten, begleiten sie an ihre dunkelsten Orte und, wenn sich die Situation zuspitzt, alles aussichtslos erscheint, werden wir mit unseren Hoffnungen und Befürchtungen alleine gelassen. Das Imperium schlägt zurück und lässt unsere Helden hilflos im All stehen. Erst im dritten Teil werden wir erfahren, ob alles gut wird oder den Bach runter geht, ob wir es mit einem Lustspiel oder einer Tragödie zu tun haben.

Die Story der "Violeta Violeta"-Alben erinnert in ihrer verträumten Verschrobenheit an Filme und Geschichten irgendwo zwischen Tim Burton und Hayao Miyazaki und scheint definitiv nicht von dieser Welt - Rußmännchen galore. Sie erzählt von einer kleinen Familie, deren Tochter Violeta Violeta zu schön ist, um ihren Namen nur einmal zu tragen. Die Eltern, der Vater in der Realität, die Mutter im Land der Visionen und Träume verwurzelt, driften immer mehr auseinander. Als es der Vater nicht mehr mit der Mutter aushält, entführt und versteckt er die Tochter. Die Mutter geht nach sieben Jahren des Rückzugs auf die Suche nach den beiden und sinnt auf Rache.

Musikalisch sind Kaizers Orchestra in den letzten Jahren zwei Schritte auf ihr Publikum zugegangen, um mit der "Violeta Violeta"-Trilogie nun wieder einen Schritt zurück zu weichen. Sicherlich zeigen sich einige Songs nach wie vor radiotauglich, Freunde der Gypsy-Punk-Weirdness der ersten Tage werden weiterhin laut das Gespenst des Ausverkauf beschwören.

Doch mag die Musik mit den Jahren auch leichter zugänglich geworden sein: Die Texte weigern sich vehement, den selben Weg zu nehmen. Zwar bleibt bei dem ein oder anderen Song das Gefühl hängen, dass mehr möglich gewesen wäre, doch streckt die Trilogie beim Versuch, sich in Schubladen stecken zu lassen, alle ihre Extremitäten von sich. Die einzelnen Nummern bestechen mit ausgefeilten Arrangements und gehörigem Wumms.

Als würde es um die Erwartungen der Fans gehen, singt Janove Ottesen in "Drom Vidre Violeta": "Ich will, dass alles so wird wie früher / Du hast das Unmögliche getan / Du gabst uns das Gefühl, dass alles passieren könnte / Du zogst Kaninchen aus dem Hut / Ich stand da und wartete auf den Elefanten." Der Song selbst klingt wie aus der Feder von Noel Gallagher. Erst ein kurzer Griff zum Cover entkräftet die Vermutung, man habe aus Versehen das imaginäre "Oasis: Et Norsk Album" eingelegt.

Der dreckige Opener "I Ett Med Verden" legt die Latte für den weiteren Verlauf des Albums hoch und liefert einen Refrain, der das Gehirn freibläst für den Flug über Traumlandschaften. Der erfolgt im letzten Drittel des Tracks mit massiv gedrosseltem Tempo.

"Far Til Datter" findet seine Schönheit, die einem besoffenem Spaziergang auf einem nächtlichem Friedhof gleicht, zwischen gezupftem Bass und Kinderchor, der leise auf die Beschwerden des Vaters antwortet. Wie eine Mischung aus der Titelmelodie der "Batman"-Fernsehserie aus den sechziger Jahren und einem Tarantino-Soundtrack sputet sich "Faen I Baten", als sei ihm der Teufel auf den Fersen.

Der Trilogie-Logik folgend, finden wir uns mit dem Schlusswalzer "Den Romantiske Tragedien" am dunkelsten Punkt wieder. Mit einem selbstmörderischen Sprung der Hauptfigur, Hand in Hand mit der Mutter, entlassen Kaizers Orchestra in die Wartezeit zum Finale der Album-Reihe. Bis bald, kleine Violeta Violeta.

Trackliste

  1. 1. I Ett Med Verden
  2. 2. Stov Og Sand
  3. 3. Tusen Draper Regn
  4. 4. Drom Videre Violeta
  5. 5. Far Til Datter
  6. 6. Faen I Baten
  7. 7. Gresk Komedie
  8. 8. Silver
  9. 9. Domino
  10. 10. Den Romantiske Tragedien

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