laut.de-Kritik

Alles Nichts Oder?!

Review von

Influencerin auf TikTok mit über 1,8 Millionen Follower:innen, Buchautorin ("Your best friend: Hier kann dein Herz heilen") und nun auch noch Musikerin: Kati K will laut Debüt-Album-Titel einfach "Alles oder Nichts". Dazu will die 24-Jährige einfach die Welt erklären und auch das ist einfach: Denn es gibt eine helle (= Alles) und eine dunkle (= Nichts) Seite. Und wie in ihrem Ratgeber handeln auch ihre Songs vom Thema Liebe und Herzschmerz.

Mit ewig gleich säuselnder und hauchender Stimme singt sie darin das altbekannte ABC von Schlager-Evergreens rauf und runter. Mal ist das nervig prinzessinnenhaft wie im Klischee-Romantik-Song "Weißes Kleid" ("Ich will weiße Rosen, weißes Kleid – wir für die Ewigkeit"), mal unfreiwillig komisch im countryesque angehauchten Liedchen "Golden Retriever" ("Ich krieg davon nie genuuuuuhuug – du passt auf mich auf") und dann wieder anbiedernd zum Fremdschämen mit ausgerechnet Finch (Asozial) als Kollaborationspartner in ihrem ersten Chartserfolg "Erwischt", der auf der eingängigen Melodie "Alles nur geklaut" der Prinzen basiert.

Wenn es doch wenigstens gut geklaut wäre, doch Kati K setzt sich einfach in eine weitere Gondel im Karussell der sich endlos drehenden Deutschpop-Sängerinnen wie Luna oder Lea, deren Songs ebenfalls endlos um dieselben Themen kreisen: Selbstliebe vs. Selbstzweifel, Liebeskummer vs. Liebesbeziehungen. Der problematische "Therapy Speak" ist inzwischen elementare Marketing-Strategie der so genannten Pop-Poeten, jedem Aspekt des Gefühlslebens wird ein Label aus der Psychotherapie angeheftet mit Begriffen wie Trauma, Toxisches oder Trigger.

Es ist natürlich begrüßenswert, wenn mit psychischen Problemen in der Gesellschaft endlich offener umgegangen wird und es kein Tabu mehr ist, über Depressionen oder Ähnliches zu sprechen. Doch in diesem "Therapy Pop" werden Probleme nicht reflektiert, Begrifflichkeiten werden inflationär benutzt, um eine gewisse Tiefgründigkeit vorzutäuschen.

Musikalisch plätschert auf "Alles Oder Nichts" alles so Verhandelte im Nichts einer Melodie dahin, generische Hooklines simulieren abwechselnde Harmonien, und eine aalglatte Produktion versenkt Kati K im Einheitsbrei des aktuellen Zeitgeistsounds. Mit der einstigen RTL-Quatschsendung möchte man den Titel des Albums mit den Worten "Alles Nichts Oder?!" beantworten und der Sauberkeit dieser Songs eine Torte ins Gesicht schleudern.

Trackliste

  1. 1. Alles oder Nichts
  2. 2. Dauermüde
  3. 3. Wie du wär
  4. 4. Mascara
  5. 5. Erwischt by KATI K & FiNCH
  6. 6. Blauäugig
  7. 7. Abschiedskuss (Ft. Philipp Dittberner)
  8. 8. Liebesbeweis
  9. 9. Kette
  10. 10. 19 Anfang 20
  11. 11. Golden Retriever
  12. 12. Unendlich
  13. 13. Klappstuhl am See
  14. 14. Weißes Kleid

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2 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 4 Monaten

    Holy Shit. Noch eine Möchtegern-Influenzerin, deren Name ich noch nie gehört hatte (falsche Zielgruppe wohl…), die sich zur Sängerin berufen fühlt.
    Leider gab es niemanden, der sie davon abgehalten hat.
    Nun rufe ich allen Bäckern, Strassenbauerinnen, Dentalhygienikern oder Buchhalterinnen (Liste kann beliebig ergänzt werden, musikalische Fähigkeiten unwichtig) der Republik zu: Ihr könnt das auch!
    Autotune und ein anspruchsloses Publikum machen es möglich.

  • Vor 4 Monaten

    Der Text stellt es fälschlicherweise so dar, als ob sie nie viel mit Musik zu tun gehabt hätte und plötzlich Gesang als weiteres Marketing-Tool für sich entdeckte, aber das entspricht nicht ganz der Wahrheit, sie hat immer schon viel Musik-Content gemacht.

    Aber zum Album: Technisch gesehen gibt es erst einmal wenig zu beanstanden und ihre Fans wird es sicher freuen, sie mal auf Album-Länge zu hören und sich eine physische Kopie zu holen. Für alle anderen ist es halt, nun, nichts. Schlechtes Timing, ausgerechnet nach dem innovativen "BRAT" von Charli XCX ein beliebig produziertes Deutsch-R'n'B-Pop-Album zu veröffentlichen, dessen erfolgreichste Single sich ausgerechnet an einem Finch-Feature hochzieht. Warum nicht gleich Xavier Naidoo? Der hätte immerhin stilistisch besser gepasst. Oder Makks Damage, der sich wenigstens eingesteht, ein rechter Vollpfosten zu sein.

    Wenn man sich ihren weiteren Content so anschaut, kann man ihre Zielgruppe gleichermaßen auch zielgenau herleiten: In erster Linie, Menschen, die sich leicht beeindrucken lassen und sich nicht so viele Gedanken über irgendetwas machen (wollen). Ich, Ich, Ich. Keine Politik, keine Philosophie, nur Phrasen, die tiefgründig klingen wollen, aber am Ende auch nur eine Kommodifizierung wirklich tiefgründiger Dinge darstellen. Wer hätte gedacht, dass es irgendwann neben Fast Food auch sowas wie Fast Therapy geben wird?