laut.de-Kritik
In Keanes Nachtzug sind zu viele Abteile reserviert.
Review von Adrian MeyerDie EP "Night Train" könnte fast als Album durchgehen, finden sich darauf doch immerhin acht neue Kompositionen. Die sind allesamt Versatzstücke aus Keanes vergangener Welttournee mit ihrem letzten Album "Perfect Symmetry" und wurden unterwegs in verschiedensten Studios aufgenommen.
Nach einem 1.30 Minuten langen, düster wirkenden Intro folgt mit dem synthie-lastigen "Back In Time" die erste souveräne Stadion-Hymne in überraschend killerscher Manier - zumindest im Refrain.
"Stop For A Minute" jedoch lässt einen zusammenzucken: Kitschigste "Oh ohs" und hypersynthetische Handclaps gleich zu Beginn, sowie ein Refrain voller "komm wir halten uns an den Händen und jauchzen im Kreise"-Schmonz verleihen der Kollabo mit K'Naan den Charme einer Werbeeinspielung während der Fußball-WM. K'Naan steuert natürlich ein paar Raps bei, die jedoch ziemlich überflüssig und fehl am Platz sind. Keane goes R'n'B oder was?
Bei "Ishin Denshin (You've Got To Help Yourself)" versucht sich die Band dann mithilfe der japanischen MC Tigarah am 80s-Electro-Pop-Klassiker von "Yellow Magic Orchestra, mit "Your Love" weidet sie dieselbe Dekade gleich nochmals aus. Bei diesem Track übernimmt jedoch Keyboarder Tim Rice-Oxley zum ersten Mal den Gesang.
Man wird nicht richtig schlau daraus, was Keane mit dieser Maxi bezwecken. "Night Train" fühlt sich so an, als hätte die Band während ihrer Tournee blind irgendwelche Kleidungsstücke aus ihrem Handgepäck gepickt und versucht, daraus ein Outfit zu basteln. Das Resultat ist zwar nicht lächerlich, wirkt aber konzept-, wenn nicht gar seelenlos.
Tatsächlich scheint es, als hätte Keane alle Abteile ihres Nachtzuges im Voraus reserviert, ohne wirklich zu wissen wohin die Reise eigentlich führt. Sie wollen überall hin und verfehlen gerade deshalb ihr Ziel. Auf ihren Zugstickets steht sowohl "schmalziger 80er-Electro-Pop", "R&B", als auch "klassische Keane-Hymne" und "schamloser Rip-Off".
In der Tat werden nicht nur "Rocky"-Liebhabern als Affront empfinden, dass dessen heroischer Soundtrack "Gonna Fly Now" von Bill Conti ohne Hemmungen als Aufhänger für einen Keane-Song missbraucht wird: Blasphemie, sowas! Einzig "Clear Skies" überzeugt mit Keane-ungewöhnlicher Gitarrenlastigkeit, Glockenspiel, einem leicht progressiven Touch und Tom Chaplins mitreißender Gesangsmelodie.
"Night Train" hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Hier wird munter aus verschiedensten Genre-Kisten zusammengeklaubt, ohne je überhaupt in die Nähe der Vorlagen zu gelangen. Keane täte daher wirklich gut daran, sich für die nächste längere Reise den Inhalt ihres musikalischen Kulturbeutels richtig zurecht zu legen - vor der Abfahrt.
10 Kommentare
Mir scheint dass die Night Train-EP lediglich als Testimonial dient. Welches Lied am meisten runtergeladen wird, dessen Stil wird auf der nächsten Platte vorherrschen. Schade, solch eine Anbiederung haben Keane eigentlich nicht nötig. Besser wäre es gewesen, sie hätten für eine Minute inne gehalten!
Ah, Top-Pop-Musik 2010 ist das. Kapieren sonne festgefahrenen Indie-Reviewer natürlich nicht.
keane waren ja immer ein guilty pleasure von mir. hier werd ich definitiv mal reinhören. ^^
@MiGa: Wobei "Is it an wonder" wirklich das langweiligste Stück auf der Platte ist. Mir gefällt die "Iron Sea" ziemlich gut, wobei es defnitiv etwas länger gedauert hat als bei "Hopes Fears"
ne ep halt ... nich schlecht, aber auch nix großartiges...
mir gefällt das neue Keane Thema , poppig luftig locker , macht spass zu hören.