laut.de-Kritik

Es hätte "Desperadoz III" sein können – nun sind es E-Gitarren.

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Mit den Vorgängern "Desperadoz" und "Desperadoz II" haben sich Kianush und PA Sports als verlässliches Straßenrap-Tag-Team etabliert: handwerklich grundsolide, aber genauso spannungsarm. "Crossover" soll die vorhandenen Fähigkeiten mit einem aufregenden Konzept verbinden.

Als "Crossover, 80er-Pop / Gemixt mit dem Rap aus dem achtzehnten Stock" beschreibt Kianush die Idee hinter seinem dritten Kollaboalbum mit PA Sports. "Streit Mit Dem Mond" – der Song, in dem diese Zeile fällt – schreckt erst einmal ab. Der Elektropop-Albtraum schielt unverschämt auf die Großraumdisko. Zur Ehrenrettung: Ihre Straßenkante vergessen die Ruhrpottler nicht trotz Konfettikanone und 4-to-the-floor-Beat.

Die 34 Minuten von "Crossover" geraten überraschend kurzweilig. Das liegt nicht an Elektrospektakeln wie dem vor "Stranger Things"-Ästhetik strotzenden "Ohne Musik" oder dem bereits erwähnten "Streit Mit Dem Mond". Vielmehr zieht sich ein für Straßenrap ungewöhnliches Instrument wie ein roter Faden durch das Album: "Tauschten unsere Knarren gegen fette E-Gitarren."

Schon der Albumtitel lockt auf diese Fährte. Der Begriff Crossover steht unter anderem für Rap-Metal. In den Neunziger- und Nullerjahren mischten Bands wie Limp Bizkit, H-Blockx und Dog Eat Dog Hip Hop mit Gitarren. Damit schufen die Gruppen einen gigantischen Hype, der vielen Aktiven und früheren Fans heute peinlich ist. Kianush und PA Sports hätten es mit ihrem Ansatz nicht auf die "Crossing All Over!" geschafft. Dafür setzt das Duo seine Gitarren-Loops zu dezent ein.

Unangenehm auf die Fresse geben die zwei lediglich mit dem Titelstück, das Vocals von Papa Roach samplet: "Cut my life into pieces / This is my last resort." Durch den Schnipsel wirkt das Stück zu konstruiert. Sowohl das Organische der Rockmusik als auch die Stärken von gesampleten Hip-Hop-Beats gehen verloren. Dabei könnten Kianush und PA Sports mit einer echten Rockband im Rücken funktionieren. Ihre kräftigen Stimmen bändigen jedes noch so laute Saiteninstrument.

Es kommt nicht überraschend: Inhaltlich erfinden sich die Rapper nicht neu. Sie schimpfen über die Neidgesellschaft ("Kriminell"), trauern um verloren gegangene Weggefährten ("Polaroid") und schwören ihren Familien die Treue ("Spiegelbild"). Kianush und PA Sports outen sich trotzdem nicht als Dummköpfe und bleiben in ihren Texten bodenständig. Der antirassistische Song "Wer Du Bist" punktet sogar mit erfrischend philanthropischen Zeilen: "Mein Land Welt, meine Nation Mensch."

Es hätte auch "Desperadoz III" sein können. Ist es aber nicht geworden, und allein das spricht für den künstlerischen Anspruch der beiden Rapper. Nicht alles auf "Crossover" geht auf, doch die gewagte Idee funktioniert zu oft, um das Album mit einer schlechten Wertung abzustrafen.

Trackliste

  1. 1. Peperoni
  2. 2. Casino Royal
  3. 3. Cyberpunk
  4. 4. Kriminell
  5. 5. Crossover
  6. 6. Streit Mit Dem Mond
  7. 7. Polaroid
  8. 8. We Du Bist
  9. 9. Spiegelbild
  10. 10. Scarface
  11. 11. Zeitmaschine
  12. 12. Ohne Musik
  13. 13. Outro

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