laut.de-Kritik
Hedonistischer Hyperpop, leider abgebrüht und aufdringlich.
Review von Kerstin KratochwillEin Superstar, der lauter Superlative aneinanderreiht: Kim Petras, weltweit jüngste Transsexuelle, die ab dem 12. Lebensjahr eine Hormontherapie erhielt und mit 19 nach Los Angeles zieht, weil deutsche Labels ihre Musik als zu poppig beschrieben. Und ja: ihr Sound ist natürlich Superpop, genau genommen Hyperpop.
Ein Genre, das mit Extremen spielt und übertrieben poppige Mittel einsetzt und die Künstlichkeit des Pop zuspitzt. Und Petras füttert dieses Biest hier mit aufdringlichen Auto-Tune-Einsätzen, aggressiven Säge-Synths, albernen Rummel-Bubblegum-Melodien und avantgardistischem Cloud Rap.
Im besten Fall macht das diebischen Spaß wie im Track "Alone" mit Trap-Rap-Star Nicki Minaj, im unverhohlen Eurodance-Eurovision-Augenzwinker-Spaß "Revelations", der an die frühe New Yorker Underground-Madonna erinnert, oder im ultralässig rollenden "Bait" mit der Alt-Pop-Künstlerin Banks. Im schlimmsten Fall nervt der aalglatt produzierte Sound wie ausgerechnet im penetranten Titelsong, der das Genre schon wieder seltsam veraltet klingen lässt.
Entgegen der artifiziellen Ästhetik auf "Feed The Beast" wird dennoch auch hier wieder ein authentisches Narrativ bemüht, wonach das Album Petras "echtestes und verletzlichstes" sei, wie sie selbst sagt. Die Songs sind jedoch nicht so unverkennbar Petras, dass sie diese Aussage rechtfertigen würdigen – sie könnten genauso gut auch von Ava Max, Lady Gaga oder Charli XCX sein.
Als Höhepunkt steht am Ende des Albums der pumpend energetische grammyprämierte Bonustrack "Unholy", zusammen mit dem anderen queeren Superstar Sam Smith aufgenommen – ein Ausrufezeichen, das so ein bisschen hyperangeberisch wirkt. Der Track befand sich schließlich bereits auf Smiths Album "Gloria". Und so wirkt auch dieses in Deutschland als Debüt vermarktete Album (2019 erschienen bereits zwei andere Kim-Petras-Alben namens "Clarity" und "Turn Off The Light") wie das Aufspringen auf einen Hypezug, der längst abgefahren ist.
Im generisch hittigen Song "Minute" singt sie dann auch lustigerweise "You missed your train, you did it on purpose (You did it on purpose), And I let you stay another night, One more ain't gonna hurt us, hurt us". Aber es schmerzt dennoch zu hören, wie die deutsche Musikindustrie einen talentierten Act (Petras schrieb auch viele Songs für andere KünstlerInnen) 2011 ziehen lässt, weil er zu anders, zu futuristisch ist, um ihn dann ein Jahrzehnt später als pseudo-avantgardistisch abzufeiern – oder abzufertigen.
12 Kommentare mit 12 Antworten
sexy
Ich finde auf dem Album keinen Hyperpop tbh, ist alles gewollt 90er Eurodance in meinen Augen.
Ändert nichts daran, dass das Album tatsächlich nicht wirklich gut ist. Hatte mich drauf gefreut aber bin sehr ernüchtert, klingt wie 3 verschiedene Alben, die zu einem zusammengepuzzelt wurden. Die paar Eurodance songs machen tatsächlich extrem Bock (King of hearts, Castle in the sky), der Rest ist Großteils schmerzlich Durchschnittlicher Pop.
Schund
Das Vorgängeralbum war nicht übel, aber schade, wenn es dieses Mal nichts geworden ist.
beim nächsten mal wieder
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
Warum hab ich jetzt "Feed the Breast" gelesen??
Das Video zu Alone ist ja zum Fremdschämen. Kim Petras kann nicht mal glaubwürdig tanzen, und das Video ist wieder der zwanzig tausendste Abklatsch von 08/15 dance video mit sexuellen Gesten um die hormongesteuerten Teens abzugreifen. Peinlich.