laut.de-Kritik

Ein bosshafter Zweitling des Selfmade-Rappers.

Review von

Der selbstbetitelte Zweitling legt äußerst erfolgreich los: "Eure Hoheit" ähnelt mit gepitchten Endzeitstimmungschören und Pauken dem Übertrack "Veni Vidi Vici". Weghören fällt beim folgenden Titel weniger schwer. Zu synthielastig der Beat, zu 08/15 der Text, obgleich technisch einwandfrei gerappt. Selbiges gilt für den "Big Boss".

Dafür entschädigt der ehemalige "Straßenapotheker" auf klassischem G-Funk. Weil das Geld "rar ist wie Dateiarchive" werden Drogen vertickt bis du "vom Weißen high bist wie Bisswunden" - so kennt und schätzt man Kollegah, auch wenn er seit gefühlten fünf Jahren den gleichen Blödsinn erzählt. Während Favorite sich ständig selbst auf den Arm nimmt und an Ausstrahlung kaum zu überbieten ist, kommt Kollegah von seinem selbstauferlegten, in Stein gemeißelten Zuhälterimage wohl nicht mehr weg. Als wohne er wirklich "In Der Hood"...

"Kokamusik" zeigt dann eindrucksvoll, wie professionell Selfmade Records arbeitet. Sollte Kollegah nicht über ein Extraorgan verfügen, um während des Sprechens zu atmen, wurden mindestens drei Cuts völlig sauber bis zum puren Erahnen geglättet. Trotzdem kommt das nächste Highlight erst mit "Bad Boy": Denjenigen, die Rizbos Ausschlachterei alter Eurodance-Trashs kritisieren, serviert er mit Magic Affairs "Omen III" einen unbestrittenen Klassiker jener Ära. Auch der "Doubletime-Freestyle" - kein Freestyle, eher OneTake - kann sich durchaus hören lassen.

"30,3" entpuppt sich nicht, wie vermutet, als ein weiteres Drittel "Nutte Am Sack" des Bosses, sondern als veritable Sommerhymne, auch wenn die Vorstellung eines Jünglings in Armani-Anzug mit Zange am Grill leicht exotisch anmutet. Konsequenterweise kommt nach der veritablen Sommerhymne "30,3" der "Herbst". Das Sequel des "Boss Der Bosse"-Klassikers verdient besondere Beachtung und sticht angenehm aus dem grauen Themenpool heraus, auch wenn es das Original nicht erreicht.

Persönlich wird es auch bei "Bis Zum Tag". Ob fiktiv oder nicht - als Lovesong ist das Ding durchaus ernstzunehmen, obwohl hier Kollegahs Absenz jeglichen Gesangstalents noch tragischer zur Geltung kommt als sonst. Dieser Kritikpunkt prägt wie bei Favorite ein Album, das nach durchwachsenem Start gegen Ende hin richtig stark wird: Warum entscheiden sich junge Männer für Rap, um dann doch wieder talentfrei zu trällern?

Die Instrumentals tönen hingegen, obgleich stellenweise hoffnungslos synthieüberladen, um einiges angenehmer als beim Vorgänger. Technisch haut er nicht ganz so auf die Pauke wie auf "Alphagene". Trotzdem geht "Kollegah" als solider Zweitling in die Künstlerhistorie ein.

Trackliste

  1. 1. Eure Hoheit
  2. 2. Kollegah
  3. 3. Big Boss
  4. 4. Straßenapotheker
  5. 5. In Der Hood
  6. 6. Kokamusik
  7. 7. Bad Boy
  8. 8. Doubletime Freestyle
  9. 9. 30,3
  10. 10. 1001 Nacht
  11. 11. Selfmade Hustler
  12. 12. Gangstaarroganz
  13. 13. Halftime Freestyle
  14. 14. Herbst
  15. 15. Ghettobusiness
  16. 16. Bis Zum Tag
  17. 17. Outro

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LAUT.DE-PORTRÄT Kollegah

"Kollegah macht Musik für alle, die sich cool fühlen wollen." "Geld machen und ausgeben, großartige andere Interessen hab' ich eigentlich nicht." "Vorbilder …

263 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Nach dem letztjährigen Charteinstieg mit "Alphagene" legt Kollegah nun mit seinem zweiten Album nach und knüpft mit der Video-Single "Big Boss" nahtlos an den Vorgänger an, welchem ich seinerzeit die Wirkung einer Schachtel Valium attestieren musste.

    Auf dem vorliegenden Langspieler gelingt die Aktivierung des zweifelsfrei vorhandenen Potentials jedoch um einiges besser als noch vor einem Jahr, so dass die erstklassigen Wortspiele, Reimketten und Doubletime-Abfahrten ihre vollständige Wirkung entfalten können und mich auf Tracks wie "Kokamusik", "Bad Boy" und "Gangsterarronganz" zurück in die gute alte Zeit von Hits wie "Gangsterrapking" und "Du weinst Tränen" katapultieren, welche ich auf "Alphagene" so schmerzlich vermisste.

    Dazu versteht es Kollegah wie kaum ein anderer, auf Tracks wie "Straßenapotheker" und "30,3" Storytelling mit technischen und sprachlichen Finessen zu verknüpfen. Als logische Konsequenz wird dann auch auf Vokalbeiträge anderer Künstler verzichtet. In Stücken wie "Eure Hoheit", "Doubletime Freestyle", "Halftime Freestyle" und "Outro" rechtfertigt Kollegah diese Entscheidung mit technisch brillianten Darbietungen.

    Produktionstechnisch legt Kollegah sein Glück erneut vor allem in die Hände von Selfmade-Hausproduzent Rizbo, der neben Sixjune & Yoshi, Mauvais Garcon, Chrizmatic und Vizir mit technoiden Beats gute Arbeit abliefert und sich für "Bad Boy" sogar am Eurodance-Kracher "Omen 3" von Magic Affair vergreift.

    Alles in allem eine deutliche Steigerung um Vergleich zum Vorgänger, auch wenn einige der SinSang-Hooks (z.B. "In der Hood") auf Dauer nerven.

    Wertung: 4/6

    PS: Die Street-Doku "Bei Nacht" hätte man sich dagegen sparen können, zumal sie von einigen Handelsketten zur schamlosen Preistreiberei mißbraucht wird.

    PPS: Hören Sie Kollegah auch bei "Herr Merkt Radio" im <a href="http://www.laut.fm/herrmerktradio">Web-… oder <a href="http://www.laut.fm/user/herrmerktradio/str…

    Quelle (http://herrmerkt.blogspot.com/2008/08/koll…)

  • Vor 15 Jahren

    Nach dem letztjährigen Charteinstieg mit "Alphagene" legt Kollegah nun mit seinem zweiten Album nach und knüpft mit der Video-Single "Big Boss" nahtlos an den Vorgänger an, welchem ich seinerzeit die Wirkung einer Schachtel Valium attestieren musste.

    Auf dem vorliegenden Langspieler gelingt die Aktivierung des zweifelsfrei vorhandenen Potentials jedoch um einiges besser als noch vor einem Jahr, so dass die erstklassigen Wortspiele, Reimketten und Doubletime-Abfahrten ihre vollständige Wirkung entfalten können und mich auf Tracks wie "Kokamusik", "Bad Boy" und "Gangsterarronganz" zurück in die gute alte Zeit von Hits wie "Gangsterrapking" und "Du weinst Tränen" katapultieren, welche ich auf "Alphagene" so schmerzlich vermisste.

    Dazu versteht es Kollegah wie kaum ein anderer, auf Tracks wie "Straßenapotheker" und "30,3" Storytelling mit technischen und sprachlichen Finessen zu verknüpfen. Als logische Konsequenz wird dann auch auf Vokalbeiträge anderer Künstler verzichtet. In Stücken wie "Eure Hoheit", "Doubletime Freestyle", "Halftime Freestyle" und "Outro" rechtfertigt Kollegah diese Entscheidung mit technisch brillianten Darbietungen.

    Produktionstechnisch legt Kollegah sein Glück erneut vor allem in die Hände von Selfmade-Hausproduzent Rizbo, der neben Sixjune & Yoshi, Mauvais Garcon, Chrizmatic und Vizir mit technoiden Beats gute Arbeit abliefert und sich für "Bad Boy" sogar am Eurodance-Kracher "Omen 3" von Magic Affair vergreift.

    Alles in allem eine deutliche Steigerung um Vergleich zum Vorgänger, auch wenn einige der SinSang-Hooks (z.B. "In der Hood") auf Dauer nerven.

    Wertung: 4/6

    PS: Die Street-Doku "Bei Nacht" hätte man sich dagegen sparen können, zumal sie von einigen Handelsketten zur schamlosen Preistreiberei mißbraucht wird.

    Quelle (http://herrmerkt.blogspot.com/2008/08/koll…)

  • Vor 15 Jahren

    Schöne Rezi. Trifft auch meine Meinung zum Album. Nur die Aussage über Alphagene versteh ich nicht, weil das ist doch besser als die neue Platte...

    PS: Gibt's noch eine Review zu Südberlin Maskulin?