laut.de-Kritik
Killer-Klingklang für die elektronische Glückseligkeit.
Review von Alexander Cordas"Was soll denn das? Eine Live-Platte von Kraftwerk? Die stehen ja sowieso nur rum und drücken auf Knöpfchen. Das ist doch dasselbe wie auf den Studio-Alben."
Leute, geht sterben. Selbstverständlich ist ein Live-Auftritt von Kraftwerk eben keine eins zu eins-Übersetzung des Studiomaterials. Wer Ohren hat, der höre. "Minimum - Maximum" gibt ausreichend Gelegenheit, die Lauscher aufzusperren. Live kommt die Funkyness der Düsseldorfer besser zum Tragen. Mit dem glasklaren Sound klickt und pumpt das Kraftwerk weiter und immer weiter. Von "Die Mensch Maschine" bis zum traditionellen Abschluss "Music Non Stop" zelebriert "Minimum - Maximum", was diese Band in ihrer langen Karriere auf die Beine gestellt hat. 23 (internationale Version: 22) Highlights aus über 35 Jahren Musikgeschichte reihen sich aneinander.
Die Trackliste der Scheibe ist - Überraschung, Überraschung - haargenau dieselbe wie bei allen Konzerten der Tour zu "Tour De France Soundtracks". Vom neuesten Studioalbum haben es somit drei Songs (plus das neue Tour De France-Trio) ins Programm geschafft, was bei einigen wohl für feuchte Augen sorgen dürfte. Zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit erklingen auf einem Kraftwerk-Konzert neue Kompositionen; von Songskizzen auf Konzerten Ende der 90er einmal abgesehen.
Wer bei einem der Gigs war, hat den Bombast-Sound wahrscheinlich noch in guter Erinnerung. Bässe jenseits von Gut und Böse sorgten für übles Durcheinander in der Magengegend. Die hämmernden Beats kamen derart brachial durch die Halle geschossen, dass der Devotee den Herrn um ein Zeichen bat, dass dieses Ereignis doch den Weg auf Tonträger finden möge. Die himmlischen Heerscharen waren milde gestimmt.
Umwerfend sind die fast schon barock ausgeschmückten Songs. Das geübte Ohr entdeckt eine Vielzahl an Effekten und Sounds, die den Studioversionen abgehen. Das ist anders, faszinierend und vor allem state of the art. Klassiker wie "Tour De France" in einem Killer-Klingklang zu erleben, das hat für die elektronische Glückseligkeit eben noch gefehlt. Wer aufmerksam "Die Mensch Maschine" lauscht, muss zwangsläufig vor Begeisterung ergriffen flennen. Ein 7:55 minütiges, zeitloses Mammut aus Klang und Rhythmus jagt einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Und was machen die Protagonisten? Stehen scheinbar stoisch auf dem Fleck. Wie kann man nur ...
Kraftwerk machen mit "Minimum - Maximum" aus einem Live-Album ein Best Of-Potpourri, eine Remix-Scheibe im aufgepäppelten Sound mit einem geradezu orgiastischen Hörgenuss. Wo soll das noch hinführen, wenn demnächst die dazugehörige SACD und DVD erscheint? Bis dahin drückt der Hörer eben noch ein paar Mal aufs Knöpfchen, und zwar aufs Repeat-Knöpfchen.
8 Kommentare
Klasse Musik, sehr klar strukturierte Klänge
genau das was Fans von Elekronik-Musik mögen.
LG Detlef Buchholz
it just gets worse.
@Buchholz-Fotodesign («
LG Detlef Buchholz »):
selfpwnd.
mal sehen, wer versucht, die abzusägen ...
@X_Suicide_X (« wann kommt denn ein neues studio album der düsseldorfer? 2039? »):
wieso sollen die denn noch ein album machen ??? die haben doch die "elektronische" musik durchgehend beieinflussssssssssssssssst
Man würde ja wirklich zunächst denken, ein Live Album von Kraftwerk, ausgerechnet der Band die nur "rumsteht" wäre Schwachsinn. Aber das Gegenteil ist der Fall. Bei ihren Liveauftritten präsentiert Kraftwerk stets aufgebohrte und abgeänderte Versionen ihrer bekannten Stücke, die in vielen Fällen gleichwertig und oft sogar besser als die Originale sind, in jedem Fall aber zeitgemäßer scheinen. Dazu kommt die starke Aufnahmequalität sowie der Umfang.