laut.de-Kritik

Auf die Substanz der Stücke kommt es nicht an, denn sie fehlt.

Review von

Ob die Bilder (und Lieder) von ihm überdauern werden bis in alle Ewigkeit, wird sich zwar erst erweisen, darf aber bezweifelt werden. Seine Stimme ist jedenfalls unverkennbar: Laith Al-Deen, der Mann mit der samtigsten Deutsch-Soulpop-Stimme, die nicht Xavier Naidoo ist, legt seinen neunten Longplayer vor.

"Bleib Unterwegs" serviert der Hörerschaft das, was sie von dem 44-Jährigen gewohnt ist: Bis ins Detail durchproduzierte Popmusik mit einem vermeintlichen, meist recht mikroskopischen Hauch Soul. Im Zentrum steht die zweifellos außerordentliche Stimme. Der Rest: eh schön. Aber sehr generisch. Hab keine Angst vor Pathos, rufen uns die Streicherbögen ganz zu Beginn zu. Große Gefühle, große Gesten, große Klanggebilde. Dann ein paar Uh-Uhs, die gehören in den Radiopop wie das Amen ins Gebet.

"Alles hat seine Zeit", singt Al-Deen. Er begibt sich auf Sinnsuche, oder das, was man gemeinhin dafür hält: Rhetorische Fragen, Binsenweisheiten und Alltagsaphorismen, salonfähig und immer popdienlich. "Das Leben und das Sterben / Das Verlieren und der Gewinn / Das Lachen und das Weinen / Es hat alles seinen Sinn", heißt es da beispielsweise. Imposante Popnummer zum Wegkonsumieren. Viel Tiefgang muss das nicht haben.

Auch imposant arrangiert, aber trotz der Streicher nicht ganz so pathosüberwürzt klingt "Es Gibt Nichts Was Es Nicht Gibt", ein Duett mit der Sängerin und Songschreiberin Cäthe, vielleicht der beste Song der Platte. Die meiste Zeit lautet aber die Formel: Spätsommerlich-sehnsüchtige Atmosphäre und etwas Ambient-Unterlage. Sobald Al-Deens Stimme reinkommt, sind alle nachdenklich, aber glücklich. Backing Vocals dazu, Chorus, die Sonne geht auf und durchdringt den Regen, alle sind noch glücklicher. Musik, bei der es auf die Substanz der Stücke nicht ankommt, denn da ist kaum etwas. Befindlichkeitskeitpop für die breite Masse eben.

Es brennt ein Feuer in dir. Du fehlst. Bleib unterwegs. Al-Deen singt über Sachen, über die deutsche Konsens-Popmusiker gerne singen. Über angeblich perfekte Momente und übers Unterwegssein und Ankommen und darauf, dass er wirklich auf jemanden steht. Als ob sein Herz eine Insel wäre, und er nach der perfekten Welle suchte. Er sucht aber den "Heimathafen" und Leuchtraketen auf hoher See. Davon singt er, und er singt auch mit sehr schöner Stimme. Mit einer Stimme, die die Beliebigkeit der Stücke wegschmeicheln will. Sinnsuche hin oder her. Wie auch immer: Die Käufermitte wird es lieben.

Trackliste

  1. 1. Alles hat seine Zeit
  2. 2. Nichts was es nicht gibt
  3. 3. Geheimnis
  4. 4. Im Vorbeigehen
  5. 5. Elektrisch
  6. 6. Feuer
  7. 7. Bleib unterwegs
  8. 8. Du fehlst
  9. 9. 5 Sekunden
  10. 10. Alles auf Anfang
  11. 11. Heimathafen

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LAUT.DE-PORTRÄT Laith Al-Deen

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5 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Bilder von dir... überdauern... bis in alle Zeit...

    ...budambudambudambudambudam...

  • Vor 7 Jahren

    Seit "Die Frage wie" wieder ein gutes Album. Zwischendurch ist er doch sehr stark in die Schlager-Ecke gerückt. Ich hatte die Hoffnung, ähnlich wie beim Xavier, schon aufgegeben, aber irgendwie hat Laith, im Gegensatz zum weichgespülten Oberjammerbolzen aus Mannheim, doch noch die Kurve gekriegt. Ja: "Es gibt nichts was es nicht gibt" ist der beste Song auf der Platte.

    • Vor 7 Jahren

      Ja, auch für mich war "Die Frage wie" das letzte wirklich gute Album von ihm. Mir hat auch der Stil seiner ersten 5 Alben besser gefallen als das, was danach kam. Aber auch dies Teil hier kommt da glaube ich nicht ganz wieder ran. Laith bleibt irgendwie immer latent unter seinen Möglichkeiten. Das merkt man vor allem, wenn er live mal aus sich raus kommt (Beispiel: Konzert mit der HR-Bigband).

  • Vor 7 Jahren

    Irgendwie passt der überwiegend mäkelnde Rezi-Text nicht zu den immerhin 3 Punkten, welche die Redaktion dann doch gnädigst zu geben bereit schien. Es ist wie so oft hier problematisch, wenn Rezensenten mit selbstverständlich handverlesenem Musikgeschmack den schnöden Mainstream-Pop für die Käufermitte beurteilen müssen. Ich werde aber nicht zum Gegen-Statement ausholen, da ich die Scheibe erst 1x gehört habe. Ich schwanke noch zwischen "ja, Laith berappelt sich wieder, wird besser" und "klingt mir doch immer noch zu belang- und mutlos".

  • Vor 7 Jahren

    Gut gemacht Laith!

    Ich gehöre zu denen, die in letzter Zeit die Hoffnung fast verloren hatten. Nach FÜR ALLE hat mich kein Album mehr zu 100 % angesprochen. Teilweise war das Material zu seicht, fasst schon schlagerhaft. Und was macht der Kerl jetzt??? Bringt das ALBUM 2016 raus. Sicher ist seine Musik noch immer nicht so rockig wie ich es mir wünsche, aber hier schafft es einer, negative Themen derart positiv zu verpacken, dass es einen mitreißen muss. DU FEHLST in alter MIT MIR TRADITION beschäftigt sich mit dem Tod in einem dermaßen positiven Arrangement. Einfach nur schön. Aber auch sonst klingt Moll eher leicht und beschwingt wie manch anderer nicht in Dur schreiben und singen könnte. Elektronische und klassische Elemente werden hier gekonnt und nicht überladen genau da eingesetzt, wo es sein muss. Bin sehr auf die Live-Umsetzung gespannt. Ohne die drei Streicher vom Album geht das auf keinen Fall. Also Laith. Stock deine Kombo für die Tour mal ordentlich auf!!!!

    Edit nach dem 12 Durchlauf : das Duett mit Alex Die ist jetzt bei mir angekommen. Alex Stimme stand da etwas im Weg. Du fehlst mir ist in beiden Versionen meiner Ansicht nach, der beste Titel. Gefolgt von der Handclap-Version von Geheimnis. Da passt das treibende Schlagzeug besser als bei der "normalen" Version. Was mir auffällt ist, dass die Titel gerne noch länger sein könnten. Aber einige finden das Album jetzt schon zu lang. Alles in allem bin ich echt begeistert von diesem Album, wie es zuletzt, ich erwähnte es schon oben, bei Für Alle und Melomanie war.

    5/5

    • Vor 7 Jahren

      Ich gehöre auch zu denen, die die Hoffnung fast aufgegeben hatten. Aber im Unterschied zu Dir zündet das neue Album nicht so recht bei mir. Je öfter ich es höre, desto belangloser erscheint es mir. Chance für einen echten Neuanfang eindeutig verpasst. Auf den ersten Alben hatte er einfach bessere Produzenten und Song-Schreiber. Ist mir immer noch zu schlagerhaft und austauschbar.