laut.de-Kritik

Tiefgründig, melancholisch, stellenweise euphorisch.

Review von

"Der Ursprung zu diesem Projekt liegt in der Idee, in einer gewissen Zeitperiode jeden Tag einen Song zu schreiben, eine Periode von aufeinander folgenden Wochen und Monaten und Unterbrechungen", erklärt Lambchops Frontmann Kurt Wagner. "Das klingt leichter, als es letztendlich war, aber diese Arbeitsweise ermöglichte mir, bestimmte kreative Entscheidungen schneller zu treffen, und so die Dinge frisch, und vor allem kurz zu halten". Was er und seine Band zwischen Sommer 2002 und Winter 2003 ausbrüteten, liegt nun als Doppel-CD vor.

Nicht nur die Entstehung, auch der Titel legt nahe, dass es sich um verwandtes Material handelt. Dennoch unterscheiden sich die zwei Scheiben voneinander. Während "Aw C'mon" (also "Auf, Komm!") ruhig für sich hin fließt, sorgen Dissonanzen auf "No You C'mon" ("Ne, Du Zuerst") für Spannungen in der gemütlichen Sofa-Atmosphäre. Elemente, die typisch für Lambchops Musik sind, dieses Mal jedoch wirkungsvoller als früher zum Einsatz kommen.

Gut gelaunt führt "Being Tyler" in den ersten Abschnitt ein. Bei wirbelnden Streichern, groovigem Bass und funkiger Rhythmusgitarre gleiten die Gedanken zu kalifornischen Fernsehkrimis aus den 70er Jahren, bevor Wagner auf "Four Pounds In Two Days" seinen ersten Auftritt hat. Experimentierte er auf früheren Alben noch mit seiner Stimme, scheint er nun seine Intonation gefunden zu haben: Stets tief und vibrierend vermittelt er Ruhe und Geborgenheit. Zwar passiert im Hintergrund allerlei, die Aufmerksamkeit gilt jedoch hauptsächlich dem tiefen Organ, das von Bier und Pillen erzählt, aber auch über sich und die Welt philosophiert. "Vergiss nicht, dass wir den Sinn des Universums darstellen", heißt es etwa in "I Haven't Heard A Word I've Said".

Bei "Sunrise", dem Eröffnungsstück der zweiten CD, scheint tatsächlich die Sonne über einem lebensfrohen Tag aufzugehen. Dennoch ziehen immer wieder finstere Wolken am Himmel vorbei. Ein Gitarrenfeedback untermalt die verrauchte Kneipenatmosphäre von "Low Ambition". "Nothing Adventurous Please" liegt irgendwo zwischen Lou Reed und Iggy Pop in ihren Drogenphasen und stellt das härteste Stück der Zusammenstellung dar. In "Jan. 24" geht es dagegen so tanzbar zu, dass der Klavierpart geradezu einer Einladung zu einem Disco-Remix gleicht. "Listen" und "The Producer" sorgen schließlich für einen versöhnlichen Abschluss.

Einen würdigen Nachfolger für das hochgelobte "Is A Woman" (2002) auf die Beine zu stellen, war keine einfache Aufgabe. Anstatt auf der selben, gemäßigten Schiene weiter zu gleiten, sind Wagner und seine Mitstreiter ihrem Grundsatz treu geblieben: Experimentieren, improvisieren und keinerlei Einschränkungen akzeptieren. Tiefgründig und melancholisch, stellenweise euphorisch, eignen sich "Awcmon" und "Noyoucmon" sowohl als Hintergrundbeschallung als auch zum genaueren Hinhören. "Your drug of choice, mix it with a voice, a voice that is creepy" singt Wagner zu Beginn von "Low Ambition". Besser ist die Musik auf diesem Doppelalbum kaum zu beschreiben.

Trackliste

Aw C'mon

  1. 1. Being Tyler
  2. 2. Four Pounds In Two Days
  3. 3. Steve McQueen
  4. 4. The Lone Official
  5. 5. Something's Going On
  6. 6. Nothing But A Blur From A Bullet Train
  7. 7. Each Time I Bring It Up It Seems To Bring You Down
  8. 8. Timothy B. Schmidt
  9. 9. Women Help To Create The Kind Of Men They Despise
  10. 10. I Hate Candy
  11. 11. I Haven't Heard A Word I've Said
  12. 12. Action Figure

No You C'mon

  1. 1. Sunrise
  2. 2. Low Ambition
  3. 3. There's Still Time
  4. 4. Nothing Adventurous Please
  5. 5. The Problem
  6. 6. Shang A Dang Dang
  7. 7. About My Lighter
  8. 8. Under A Dream Of A Lie
  9. 9. Jan 24
  10. 10. The Gusher
  11. 11. Listen
  12. 12. The Producer

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