laut.de-Kritik
Zauberhaft verträumte Musik mit Noise-Einschlag.
Review von Benjamin FuchsWarum kennen eigentlich nur so wenige Menschen Lampshade? Nach dem großartigen Debüt "Because Trees Can Fly" hatten sie reichlich Ruhm verdient, sie tourten sich die Hacken wund, quer durch Europa. Trotzdem scheinen die wenigsten von der Band, die diese zauberhafte, verträumte Musik mit Noise-Einschlag verzapft, gehört zu haben. Man kann nur hoffen, dass das zweite Album "Let's Away" mit Shakespeares Hilfe mehr Staub aufwirbelt - das Zeug dazu hat es.
Lampshade ist keine Band, die sich aufdrängt, vielleicht sind sie deshalb immer noch eher ein Geheimtipp. Auch ihre Musik drängt sich nicht unangenehm auf. Aber wenn man sie einmal gehört hat, ihr bei einem Glas Bier oder ein paar Zigaretten seine volle Aufmerksamkeit gewidmet hat, wird man eine Menge entdeckt haben und den Klang auch nicht mehr missen wollen. Das war bei "Because Trees ..." so, und bei "Let's Away" verhält es sich nicht anders, auch wenn die Alben recht unterschiedlich ausgefallen sind.
Sängerin Rebekkamaria Andersson klingt skandinavisch-elfenhaft und kann doch so viel mehr mit ihrer Stimme anfangen, als viele Sängerinnen der Region. Immer wieder erklimmt sie unangestrengt ungeahnte Tonhöhen, ohne dabei auch nur ansatzweise unnatürlich zu wirken. "New Legs" ist so ein Song, der leichtfüßig daher kommt, bei dem Rebekkamaria fast schon ausgelassen die Tonleiter auf- und abhüpft. Ungewohnt, aber alles andere als langweilig: "Life's supposed to be lived out loud".
Während auf dem Debüt heftige Gitarrenattacken über die Songs hereinbrachen, später Chöre von Hörnern daraus entstanden, erscheint die neue Scheibe weniger monumental, dafür insgesamt verspielter. Die Gitarren sind weniger hart, aber deswegen nicht unbedingt weniger präsent.
"By And By" zeigt dagegen den typischen Lampshade-Klangkosmos. Die Strophe erzeugt eine unruhige, drängende Atmosphäre. Darüber Rebekkamarias Stimme - die Ruhe selbst und haucht erst einmal eine überaus poetische Zeile heraus: "The trees have so many fingers, they reach into my soul". Ihre Texte verbeugen sich immer wieder vor der Natur und dem Leben.
Man merkt, gleich muss etwas passieren, doch die Band nimmt sich Zeit, verschießt ihr Pulver nicht vorschnell. Lieber noch einen Cello dazuholen. Die Gitarren - leicht angezerrt - werden stakkatohaft gespielt, der Sound verbreitert sich stetig, bis er seine ganze Fülle erreicht. Doch eine endgültige Auflösung gibt es nicht.
Lampshade wagen auch immer wieder längere Instrumentalpassagen, ohne sich in ihnen zu verlaufen und in Folge von ihrer Faszination zu verlieren. Die Stimmung umgibt den Hörer und nimmt ihn mit, anstatt ihm nur etwas vorzuspielen. Da steckt reichlich Leidenschaft und Liebe drin, das merkt man schnell. Lampshade verdienen einfach mehr Aufmerksamkeit, das ist klar. Dennoch betteln sie nicht darum. Als wüssten sie selbst, dass sich nur die wenigsten aus ihren musikalischen Fängen befreien können, wenn sie einmal zugehört haben.
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