laut.de-Kritik

Neue Steuerfrau, alter Trällerelsen-Metal-Kurs.

Review von

Die entscheidende Frage bei diesem Album lautet: Können sie es noch oder nicht? Leaves' Eyes (Zählt das eigentlich schon als Deppen-Apostroph?) mussten mit der Trennung von Frontfrau Liv Kristine 2016 einen ziemlichen Schlag ins Kontor hinnehmen. Die genauen Umstände sind bis heute etwas nebulös, aber anstatt sich in einer Schlammschlacht zu verzetteln (was, zugegebenermaßen, recht unterhaltsam hätte werden können), sind beide Parteien relativ zügig wieder musikalisch aktiv geworden. So macht Frau K. aktuell als als Solokünstlerin sowie zweite Stimme von Midnattsol auf sich aufmerksam.

Ihre ehemaligen Bandkollegen waren noch ein bisschen schneller. Sie haben bereits kurz nach der Trennung mit der Finnin Elina Siirala eine Nachfolgerin installiert, die nun auf "Sign Of The Dragonhead" ihren Albumeinstand feiert. Inhaltlich bleiben Leaves' Eyes weiterhin streng nordisch-wikingerisch, wenn auch gegenüber dem Vorgänger "King Of Kings" von 2015 thematisch etwas lockerer gehalten.

Natürlich klingt Siiralas Stimme anders als die ihrer Vorgängerin, was der grundsätzlichen Ausrichtung der Band aber leider keine entscheidenden Impulse verleiht. Musikalisch gesehen hat Machwerk Nummer sieben nichts wirklich Überraschendes auf der Pfanne. Es bewegt sich irgendwo zwischen symphonischen Sounds, folkigen Momenten und Gothic Metal.

Fans werden das ebenso ausdrücklich begrüßen wie die Tatsache, dass der Großteil der Songs exakt wie erwartet (oder befürchtet, je nach Gusto) klingt: Harte Riffs treffen auf operettenhaften Frauengesang treffen auf Growls treffen auf Keyboardgedönse. Die gute, alte Nightwish-Formel, eben. Kann man mögen, muss man aber nicht.

Auch schön: Das Soundtrack-Niveau erreichende, überwiegend instrumentale Zwischenspiel "Rulers Of Winds And Waves". Apropos Instrumental: Alle elf Tracks werden noch einmal in gesangslosen Versionen mitgeliefert. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass hier schon das nächste Stimmen-Casting vorbereitet wird, aber lassen wir das.

Mit Songs wie "Across The Sea" oder "Fairer Than The Sun" schielen Leaves' Eyes vielleicht sogar ein wenig in Richtung des von Santiano oder Mr. Hurley folklorisierten Mainstream-Publikums. Aber unter uns Gebetschwestern: Warum auch nicht? Da bietet sich eine Chance, und die will die Band nutzen. Kann man ihnen eigentlich nicht übel nehmen.

Doch spätestens bei "Riders On The Wind" hat der Spaß aber auch bei toleranten Zeitgenossen ein Ende. Diese geradezu fröhliche Nummer will der Band irgendwie so gar nicht zu Gesicht stehen. Und die von Frauenchören und Flüsterstimmen suggerierte mysteriöse Dramatik von "Shadows In The Night" ringt echten Könnern der Materie (wie meinetwegen Moonspell) höchstens ein mitleidiges Lächeln ab.

Wie man es dreht und wendet: Festzuhalten bleibt, dass Leaves' Eyes auch ohne ihr einstiges Aushängeschild weiter auf dem eingeschlagenen Kurs bleiben. Ob der nun gefällt oder nicht, ist wie immer Geschmacksache, aber wer ohne großartige Überraschungen auskommt und auf den bewährten Leaves' Eyes-Sound steht, der ist hier genau richtig. Wer das alles aber ohnehin als Trällerelsen-Metal abwertet, den bestätigt "Sign Of The Dragonhead" auf geradezu grausame Art und Weise in wirklich allen Vorurteilen.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Sign Of The Dragonhead
  2. 2. Across The Sea
  3. 3. Like A Mountain
  4. 4. Jomsborg
  5. 5. Völva
  6. 6. Riders On The Wind
  7. 7. Fairer Than The Sun
  8. 8. Shadows In The Night
  9. 9. Rulers Of Wind And Waves
  10. 10. Fires In The North
  11. 11. Waves Of Euphoria
  12. 12. Beowulf
  13. 13. Winternights

CD 2: Instrumentals

  1. 1. Sign Of The Dragonhead
  2. 2. Across The Sea
  3. 3. Like A Mountain
  4. 4. Jomsborg
  5. 5. Völva
  6. 6. Riders On The Wind
  7. 7. Fairer Than The Sun
  8. 8. Shadows In The Night
  9. 9. Rulers Of Wind And Waves
  10. 10. Fires In The North
  11. 11. Waves Of Euphoria

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LAUT.DE-PORTRÄT Leaves' Eyes

Erste musikalische Sporen verdient sich Liv Kristine Espanaes bei den Norwegern Theatre Of Tragedy. Bereits 1999 nimmt die Dame ihre erste Soloscheibe …

3 Kommentare mit 7 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    Ich finde dieses Album klingt wie ein ziemlicher Schnellschuss. Die alten Alben hatten wahnsinnig schöne Melodien und Kompositionen. Hier wird alles stumpf mit den Dampfhammer präsentiert. Auch fehlt die lyrische Finesse einer Liv Kristine. Die Lyrics hier sind eine Aneinanderreihung billigster Wikingerklischees. Nein, danke. Dann doch lieber die alten mystischen Alben ;)

    Einzige Gewinnerin : Elina Sirala.
    Interessante Stimme. Druck und Volumen stimmen glücklich. Leider fehlt die Varianz

    • Vor 6 Jahren

      Dann sollte ich es also tatsächlich mal mit Leaves' Eyes versuchen. Die neue Platte ist aber aufgrund der genannten Punkte unhörbar für mich.

    • Vor 6 Jahren

      Leaves´ Eyes ist nicht jedermanns Sache, was zum großen Teil auch an Liv Kristines Stimme liegt. Sie ist sehr hoch, man könnte auch sagen dünn. Das muss man mögen ^^ . Leider hat Alex die Alben auch merkwürdig gemischt und Livs Stimme immer gedoppelt usw., was stellenweise ziemlich merkwürdig klingt. Aber musikalisch finde ich das schon sehr angenehm. Die alten Alben erinnern stellenweise an die ruhigen Atrocity Phasen (oh Wunder :P). Schöne Leitthemen mit Folkinstrumenten vorgetragen, nette Gitarrenarbeit und angenehme Spannungsbögen. Würde dir "Meredead" und "Njord" als Alben empfehlen. "Symphonies of the Night" ist auch toll. Auf "Vinland Saga" und "Lovelorn" (der Erstling) fehlen durchgängige Hits, aber sind trotzdem allesamt gute Alben. Der direkte Vorgänger zu diesem Album "King of Kings" hat auch einige großartige Hits in petto. "Sacred Vow", "Blazing Waters", "Edge of Steel" sind dort zum Beispiel meine Lieblingssongs. Dort waren auch die Texte noch interessant gehalten. "Sign of the Dragonhead" enttäuscht mich da leider bisher auf ganzer Linie. Und dieser Nightwish-Vergleich ist komplett daneben. Leaves´ Eyes haben und werden auch nie wie "Nightwish" klingen. Dafür spielen Sie einen viel folklastigeren Stil und schmeißen nicht mit 100 Tonspuren um sich ^^

    • Vor 6 Jahren

      Danke. Werde ich mal antesten und schauen, ob mir das liegt. Ich denke, dass ich mich an Liv's Organ schon zu Theatre-Of-Tragedy-Zeiten gewöhnt habe. Nightwish ist halt noch eine Nummer bombastischer und theatralischer. Mochte die letzte Scheibe dennoch. Tuomas Holopainen weiß immer noch, schöne Spannungsbögen zu setzen.

    • Vor 6 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 6 Jahren

      "Meredead" finde ich super. Hat melodisch eine Art Pop-Appeal, der aber keineswegs aufgesetzt daherkommt. Sogar das Mike-Oldfield-Cover fügt sich erstaunlich gut in das Album ein. Der Gesang von Liv klingt dabei stets charismatisch. Ihr Charme kommt besonders in den norwegisch gesungenen Songs zum Tragen. Kaufe ich mir vielleicht sogar. Habe die Band nach "Vinland Saga" total aus den Augen verloren.

    • Vor 6 Jahren

      "Meredead" ist einfach mein Lieblingsalbum. Ob das jetzt Metal ist oder nicht, ist mir dabei eigentlich komplett egal, da das Komplettpaket stimmt. Freut mich auch, dass es dir gefällt :) ja, theatre of Tragedy ist auch meine große Passion. Schade, dass es damit so schnell enden musste :/

  • Vor 6 Jahren

    So wirklich gut finde ich Elena Siirala eigentlich nicht. Eher das übliche Tarja-Gejaule ohne große Varianz und - vor allem - ohne die Mystik einer Liv Kristine durch den skandinavischen Sprachgebrauch beispielsweise. Ich gebe Mysterious Recht, das mit dem Schnellschuss kann man anstandslos unterschreiben, ein roter Faden wie noch bei den letzten Alben lässt sich nicht erkennen.

    • Vor 6 Jahren

      Ich finde leider auch, dass die einzelnen Songs unfassbar ähnlich klingen. Das war bei Leaves' Eyes eigentlich noch nie so. Vielleicht liegt das auch einfach an der neuen, dominanteren Stimme. Ich werde damit einfach nicht warm :/

  • Vor 6 Jahren

    Ich kann das gut mal (!) hören! Imo sind Leaves Eyes eigenständig genug um sich von Nightwish, Epica und Co. ausreichend zu unterscheiden. Ich stehe aber auch dazu, dass ich ab und zu (!) durchaus auch Blackmore´s Night und Santiano verkrafte. :-D Man kann ja nicht nur Myrkur und Opeth hören... ;-)