laut.de-Kritik

Ausgeklügelter Electro zwischen Deep House und Downtempo.

Review von

Britische Electro-Duos haben dieser Tage Hochkonjuktur. Kürzlich veröffentlichten Simian Mobile Disco das Tech-House-Gewummer "Welcome To Sideways", jetzt schieben Letherette ihr zweites Studioalbum nach. "Last Night On The Planet" klingt anders als der bunte und abgedrehte Vorgänger. Richard Roberts und Andrew Harber sampeln sich zwar wieder gekonnt durch den Musikorbit, drosseln aber erheblich das Tempo und biegen eher in Richtung Ambient und Deep House ab.

Die erste Single "Shanel" versprüht den Flair des Insider-Hits "After Dawn" vom Erstling: 80er-Beat, weiche Synthies, verspielte Melodien und smart gesetzte Breaks ergeben einen sauberen, durchdachten Electronica-Song. "Rich & Dan" demonstriert mit holperndem Beat und abgehackten Samples das große Talent der Briten, aus einzelnen Versatzstücken etwas Zusammenhängendes zu erschaffen.

Wer es direkter mag, hört sich "Dog Brush" an. Ein straighter 4-To-The-Floor-House-Track mit überlagerten Vocal-Samples und verzerrten Blasinstrumenten. Eignet sich ebenfalls im Club, wenn man schon etwas angeschlagen über die Tanzfläche torkelt. Drei Tracks stehen exemplarisch für den neuen atmosphärischen Sound von Letherette. "Wootera" groovt entspannt im Deep House und ein weibliches Vocal-Sample tänzelt zum Beat. Dessen Bruder im Geiste heißt "Frugaloo" und gerät mit flirrenden Hi-Hats und zunehmend druckvolleren Drums etwas schneller.

"Soulette" entschleunigt mit wummernden Samples, die zunächst wild durch den Track fliegen, bis der einsetzende Beat sie zu einem Ganzen eint. Die Light-Version von Mr. Oizo, wenn man so möchte. Dazu ertönen eine beunruhigende Piano-Melodie und Halleffekte. Letherette beenden diesen Song mit einem wunderbaren weißen Rauschen, der alle Geräusche eliminiert.

"Bad Sign", eine Kollabo mit dem Alternative-Electronic Duo Jed & Lucia, beeindruckt mit Mut zum Experiment: Vertrackte, knisternde Beats und kryptischer Gesang erschaffen eine kühle, sehr abstrakte Ebene, die auf den Ambient abzielt. James Blake oder Bon Iver hätten bei diesem Track garantiert ihren Spaß. So flott wie dieser Track heran fliegt, so schnell verabschiedet er sich auch.

Konzeptionelle Weiterentwicklung ist auch im pittoresken "Rubu" erkennbar: Die glockenartigen Sounds und Downtempo-Momente kreieren etwas Sprudelndes, alles gluckert und funkelt. Eine interessante Sound-Collage, die einen Bach in verschneiten Bergwäldern vor dem inneren Auge evoziert. Ab der Mitte erhöht der Beat die Schlagzahl, als ob der Bach ein Gefälle hinunter rauscht. Unten angekommen, pluckert das Stück sanft aus.

Dieses kurzweilige, äußerst ausgeklügelte Album glasieren Letherette mit zwei Hip Hop-Songs. Der Opener "Momma" flutscht geschmeidig ins Ohr dank erdiger Lyrics von Rejjie Snow, jazzigen Trompeten und verträumtem Beat. Der Titeltrack beschließt in ähnlicher Manier die "Last Night On The Planet" mit Boom Bap, lässigem Rap von Pyramid Vritra, knarzigen Bässen und hellem Piano. Gegen Ende nimmt das Duo den Beat raus und tragende Ambient-Snythies geleiten den Hörer durch einen wehmütigen Abschied. Wenn die letzte Nacht auf dem Planeten derart wohltuend klingt, hat man wohl nichts zu befürchten.

Trackliste

  1. 1. Momma (feat. Rejjie Snow)
  2. 2. Rich & Dan
  3. 3. Shanel
  4. 4. Wootera
  5. 5. Bad Sign (feat. Jed & Lucia)
  6. 6. Dog Brush
  7. 7. Frugaloo
  8. 8. Soulette
  9. 9. Rubu
  10. 10. Last Night On The Planet (feat. Pyramid Vritra)

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