laut.de-Kritik
Wohl dem, der dabei kein Glas in der Hand hat!
Review von Martin TenschertLexy und K-Paul gehören zu Deutschlands Rave-Elite und haben einen Ruf wie Donnerknall, was ihre Live-Darbietungen angeht. Ihre Auftritte sind stets aufwändige, voller Inbrunst dargebrachte Performances. Ob mit Live-Sängern oder einem breakdancenden Roboter auf der Bühne, die beiden Berliner Techno-Peitschen brandschatzen seit über zehn Jahren erfolgreich durch die Club- und Festival-Szene. Ein bisschen "psycho" ist es ja schon, das Club-Leben, mit verwirrten Menschen, schlechter Luft und starken Getränken. Aber eben diese Nahtoderfahrungen inspirieren und liefern neue Energie für psycho-mäßige Musik. Oder gleich für ein ganzes Album gleichen Namens.
Die erste Single-Auskopplung Gonny Fly Now", ein Cover des Rocky-Themes, ist zwar eingängig und unterhaltsam, hat jedoch eher Toolcharakter und entfaltet seine Wirkung eher im DJ-Mix. Das dazu gehörige Stuntman-Video hingegen erfreut und spaltet die Rave-Gemeinde zugleich. Dies geht wiederum als Anzeichen dafür durch, dass das dynamische Duo Reaktionen hervorruft. Seien sie nun positiv oder negativ, sie lösen etwas aus, anstatt in der Bedeutungslosigkeit unterzugehen.
Ono von Data MC durfte schon beim Album-Vorgänger "Abrakadabra" ans Mic und machte seine Sache (auch auf Tour als Live-Vocalist) derart gut, dass man ihn für "Psycho" ebenfalls verpflichtete. Daraus resultieren "Like That" und "Kiss Good Bye", zwei deepe und eher ruhige Stücke, sie kehren die Song-affine Seite von Kai und Lexy heraus. Clubbige Pop-Tracks mit Gastvokalisten sind ohnehin ihre bevorzugte Spielwiese: Superstar Princess Superstar kann ein Lied davon singen, und zwar eine Coverversion des Talking Heads-Smashers "Psycho Killer". Mörder!
Oder der Berliner bar 25-Resident und Bud Spencer des Techno, Jake The Rapper, der "The Edge Of Control" und deren Auswirkungen besingt. Auch ein Psycho-Thema eigentlich, aber ironisch und mitnichten bierernst dargebracht. Eher wodkalustig. Diese Collabo beweist gleichermaßen, dass sich Lexy und K-Paul nicht nur dem House-Mainstream verschrieben haben, sondern auch im Underground angesehen sind.
Man kennt sich in Berlin, und so verschlug es Star-Rapper Marteria ebenfalls ins Studio der Labelinhaber von musicismusic. "Roboter" führt den Gedanken der Menschmaschine fort und verneigt sich gleichzeitig selbstreferenziell vor dem Wahrzeichen Berlins, dem Fernsehturm. Der hat ja, man erinnert sich, Ohren.
Die talentierte junge Sängerin Pyur, die bereits Oliver Koletzkis oder Lexys Soloalbum ihre kristallene Stimme lieh, darf auf den "Fastest Train" aufspringen, einem perkussiven, geheimnisvollen Song, der mehrmaligen Hörens bedarf, um ihm auf die Spur(en) zu kommen. Auch wenn die Vocal-Tracks mehr hängen bleiben und natürlich dankbarer sind, fallen die reinen Instrumental-Stücke im Vergleich nicht ab. Der Titeltrack "Psycho" hat zum Beispiel die Live-Feuertaufe erfolgreich und mit Sternchen bestanden. Das Stück posaunt und schraubt sich höher und höher, nach dem Break geht die Hüpferei erst richtig los. Wohl dem, der zu diesem Zeitpunkt im Club kein Glas in der Hand oder einen Trinkhelm auf dem Kopf hat.
Markus Kavka, der den Pressetext für die Buben verfasste, mutmaßt, Lady Gaga oder gar Madonna würden sich in Zukunft um die Produktionskünste von Lexy und K-Paul bemühen. So ein Ritterschlag wäre sicherlich ganz nett, aber nicht notwendig. Lieber Psycho bleiben, finde ich. "Wir singen keine Melodien, wir singen Lexy & K-Paul!"
1 Kommentar
Das Album ist schon knapp nen Monat draussen, da hat sich aber jemand Zeit gelassen!
Kann aber nur zustimmen, das Album ist super!