laut.de-Kritik

Gute Beats, guter Flow, nur mit dem Inhalt hapert's ...

Review von

"Muss ich für guten Rap wirklich erst bekannt sein?" Eine überflüssige Frage eines Nachwuchs-MCs, da sie jeder halbwegs aufgeschlossene Hip Hop-Freund mit einem entschiedenen "bullshit" beantworten wird. Viel interessanter ist dagegen die Überlegung, was "guten Rap" ausmacht - daran scheiden sich die Geister bekanntermaßen erheblich. Flow alleine kann's jedenfalls nicht sein (sonst fände sich am Ende noch Vanilla Ice unter den Top-Rappern, das wollen wir schließlich nicht). Genau das ist das Problem des Leichlingers Li.

Der Mann hat seine Reime im Griff, wirkt sicher und unangestrengt; lediglich in "Du Weisst Nicht" hinterlässt er einen leicht gequälten Eindruck. Was rap-technisches Können betrifft, bietet "... Aus Der Seele Gesprochen" eine für den Erstschlag eines Newcomers ausgesprochen ordentliche Vorstellung. Die Beats sind fast sämtlich auf Lis eigenem Mist gewachsen. Zwar mangelt es den Arrangements phasenweise (besonders augenfällig in "Der Mic Ripper") an Wucht, auch werden übermäßig oft Synthie-Streicher-Klänge strapaziert, dennoch kann ich den schlanken Produktionen einiges abgewinnen. Gelegentlich fühle ich mich sogar ein wenig an Kraftwerk erinnert ("Der Beste Rapper").

"Was Geht Up? Was Geht Down?" mit einem prima gewählten Piano-Loop und der merkwürdig dumpf aber machtvoll drückende Bass in "Immer Easy" bilden meine erklärten Favoriten. In beiden Fällen hat Lis Labelgenosse, Up & Down-Produzent Kilo Julez die Hände mit (oder ganz alleine) im Spiel. Man darf gespannt sein, ob von diesem Kerl noch mehr zu hören sein wird: Ich hätte nichts dagegen.

So weit, so gut: Zeit für das große Aber! Schon beim Eröffnungstrack beschleichen mich Zweifel. Ob wohl Statements der Sorte "Ich rappe besser als der Rest der Welt" einen besonders originellen Einstieg bilden? Junge, "du willst zeigen was du kannst, was du drauf hast"? Dann darfst du doch bitte nicht ausschließlich "Du bist billig, ich bin besser"-Lyrik bringen! Spätestens nach dem dritten Track hat man das entweder kapiert, oder man ist anderer Ansicht - in beiden Fällen nervt das ewige "Dein Sound ist traurig / mein Sound, der ist unglaublich" enorm.

In der Tat bildet "Für Immer" den einzigen Ausbruch aus diesem Schema. Hier bekommt man dafür die klassische, ausgelutschte Beziehungs-End-Kacke kredenzt. Alles ist vorbei, wie traurig, doch es war so unheimlich schön und wichtig... 30.000 mal wurde das bereits thematisiert. 30.000 mal in den mehr oder weniger gleichen Worten, diesmal eingebunden in einen (wieder!) auf Streichern und Piano basierenden Schmachtfetzen, der mit einer wirklich hübsch gesungenen Hookline und dem Einsatz einer Akustikgitarre verziert wird. Musikalisch in Ordnung, doch, sorry: Ich kann's nicht mehr hören.

"Ich geb dir einen Tipp: Mach doch mal was Gutes", rät Li seinem imaginären und angeblich gnadenlos unterlegenen Gegner in "Die Zeit Ist Reif". Li, ich geb dir einen anderen Tipp: Erzähl doch mal eine Geschichte. Irgendeine, ich bin da gar nicht wählerisch. "MC Li hat 2000 Skills" und macht "nicht auf Ami wie Raptile". Wer derart flüssig eine Zeile nach der anderen abfeuert, der müsste diese eigentlich bloß noch mit einem Hauch von Inhalt füllen - und er hätte gewonnen. So reicht es bei mir leider nur zum Urteil: Viel versprechend, aber nichts, das dauerhaft Gewinn bringt. Schade, eigentlich.

Ich warte trotzdem gespannt auf den bereits fertig gestellten und für Sommer versprochenen Nachfolger "Der Weg Zum Licht", weil: Potenzial ist vorhanden, und davon nicht gerade wenig.

Trackliste

  1. 1. Der Beste Rapper
  2. 2. Du Weisst Nicht
  3. 3. Underground Shit
  4. 4. Neid & Hass
  5. 5. Für Immer
  6. 6. Immer Easy...
  7. 7. Die Zeit Ist Reif
  8. 8. Der Mic Ripper
  9. 9. Ich Reich Dir Die Hand
  10. 10. Was Geht Up? Was Geht Down?
  11. 11. Was Geht Bitch??
  12. 12. Keller Rap

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