laut.de-Kritik
So macht Formatradio wieder Spaß.
Review von Kai ButterweckDie Antwort auf die Frage, wie man sich selbst und seinen Fans noch näher kommen kann, markierte einen regelrechten Wendepunkt im Leben der 35-jährigen Folk-Bardin. Statt sich weiter im sonnigen Kalifornien beeinflussen zu lassen, zog es Lissie auf eine Bienenfarm nach Iowa. Dort fand die Sängerin den herbei gesehnten Zugang zu ihrem Inneren.
So greifbar war Lissies imaginäre Aura selten. Mit ihrem kraftvollen Organ und einem emotionsgeladenen Pop-meets-Folk-Potpourri präsentiert sie sich entblößt wie nie zuvor. Was einst in verschiedene stilistische Richtungen ausgriff, besinnt sich im Frühjahr 2018 nur noch aufs Wesentliche. Klare Harmonien treffen auf wahlweise klassisch instrumentierte oder von lockeren Beats und fluffigen Synthiewellen getragene Pop-Vibes.
Lissie eröffnet die Platte mit einer aufwühlenden Ballade ("World Away"). Mit Piano, viel Hall und glasklaren Clean-Chords aus der Fender überfällt einen gleich zu Beginn unheimlich viel Gefühl. Es folgen weitere Perlen wie die emotionale Berg- und Talfahrt "Blood & Muscle", das von stampfenden Drums begleitete "Feels Good" und das fröhlich zwitschernde "Somewhere".
Dazwischen schimmert immer wieder minimalistisch produzierter, digitaler Glanz auf. Songs wie der laszive Groover "Crazy Girl", der irgendwo zwischen Heather Nova und Florence And The Machine pendelnde Titeltrack sowie der Ohrwurm "Best Days" sind Pop in Reinkultur.
Völlig befreit vom Kitsch baut Lissie eine Brücke zwischen urbanem Folk und dem, was sich heutzutage nur allzu oft viel zu überladen und austauschbar in den Charts gegenseitig auf die Füße tritt. Spätestens wenn die Sängerin im mit viel Dynamik vorgetragenen Drama "Meet Me In The Mystery" zum großen Atmo-Finale lädt, zieht man vor diesem unaufdringlichen High End-Pop den Hut. So kann Formatradio wieder Spaß machen.
2 Kommentare
Formatradio hat noch nie Spaß gemacht
Ich finde "Back To Forever" bis heute super, das letzte Album dagegen eher nicht. Das Album hier macht Spaß und wäre zusammen mit dem Debut bislang mein Favorit. Das ist gut gemachter Pop, der nicht billig klingt. Ohne die tolle Stimme wäre es aber sicherlich ne Ecke schlechter.