laut.de-Kritik
Grown Man Rap von einem sträflich unterschätztem Duo.
Review von Yannik GölzMan hatte sich schon damit abgefunden, dass Little Brother wohl nicht wiederkommen würden. Man hatte sich damit abgefunden, dass man ab jetzt nur noch das Erbe des ikonischen Trios aus Phonte, Pooh und 9th Wonder pflegt, dass man versucht, Phonte in zumindest die ein oder andere Diskussion um den Besten aller Zeiten zu hieven und dass man ansonsten die Erinnerung in Ehren hält ... und jetzt sind sie trotzdem wieder da. Fast: Auch wenn die ikonischen 9th Wonder-Produktionen auf "May The Lord Watch" nicht vom Mann selbst kommen, findet das Inzwischen-Duo würdigen Ersatz und liefert genau den Grown Man Rap, den das Comeback versprochen hat.
Grown Man Rap, dieses Schlagwort, das mit Jay-Zs "4.44" in aller Munde war, wurde selten so potent ausgeführt wurde wie auf Phontes letztjährigem "No News Is Good News"-Projekt. Beide Protagonisten von Little Brother haben inzwischen eine Altersschwelle erreicht, bei der sie getrost mit einer neuen Getragenheit auf das Rapgame schauen können. Dass das Superstar-Dasein dabei größtenteils ausgeblieben ist, macht die Platte endgültig behaglich. Statt Größenwahn gibt es zwei MC-Veteranen, die in der Soße der eigenen Skills schmachten, handwerklich perfekte Verses aneinanderstapeln und gewöhnliche Song-Strukturen mit verwinkeltem Detail aufwerten.
Einen großen Teil dabei leistet die Produktions-Abteilung. Natürlich ist da eine Lücke, wo eigentlich das neunte Wunder in den Credits gelistet sein sollte. Zu verschmerzen wird das dann aber doch, wenn man sich anhört, was Khrysis, Focus oder Black Milk auf dieser Platte zaubern. Schon, wenn sie mit "The Feel" oder "Picture This" genau diesen schimmernden, erbaulichen Boom-Bap liefern, für den die Gruppe schon immer stand: Oldschool-Rap aus der Zeit, in der Dilla groß wurde. Nostalgisch, aber nicht weniger aktuell als Produktionen von Marco Polo oder Bekon.
Dass textlich hier kaum jemand daneben schießt, sollte eigentlich auch nicht mehr überraschen. Es ist ein einziger Jogginglauf durch die meditativen und sonnengetränkten Sample-Loops, virtuos und gleichzeitig absolut hypnotisch zu beobachten, wie gerade Phonte Song für Song in den Beats versinkt wie ein Zuckerwürfel im Kaffee, eine Kür nach der anderen ohne Fehler, ohne Anstrengung, absolute Schwerelosigkeit.
Wo Phonte die musikalischen Highlights setzt, liefert Pooh die markanten textlichen Momente . Wenn er zum Beispiel auf "Goodmorning Sunshine" erwähnt, wie er dem Auto-Rat von Lil Wayne gefolgt ist, und an anderer Stelle darüber berichtet, wie seine etwas schwindende Rapkarriere ihn beizeiten dazu gezwungen hat, für Uber anzuheuern. Die technisch so hochkarätige Gemütlichkeit dieses Albums ergänzt eine Handvoll aberwitziger und einschlägiger Skits, die konzeptuell und humoristisch noch eine ganze Menge Linie hinzufügen.
"May The Lord Watch" ist ein fast langweilig fehlerfreies Projekt. Wenn auch die wirklich herausstechenden Songs fehlen, ist das durchgängige Niveau dieses Comeback-Albums so unangreifbar und die Stimmung der Beats und Raps so schwerelos heimelig, dass es wirklich nichts einzuwenden gibt. Little Brother zählten seit jeher zu den unterschätzteren Gruppen der Hip Hop-Geschichte. Mit dieser Wiedererweckung ihrer Diskographie ist ihnen nun hoffentlich vergönnt, dass ein paar mehr Menschen auf ihr reiches Erbe aufmerksam werden.
6 Kommentare mit 8 Antworten
Geil! Wird gehört. Aber ohne 9th??? Sehr schade, mal hören, ob er würdig vertreten wird. Einer meiner absoluten Lieblings-Producer.
ohne 9th ist das kein lb, sorry Leute. Phonte ist smooth und Ehrenmännig, aber dann sollen sie das bitte anders nennen.
rappercrew-hero deltron 030 kann das machen, er streicht die 030 aus seinem Künstlernamen und acts like you know, aber LB, no way
ich hab mir schon bei cyne schwer getan, als die ohne akin loszogen, aber cise konnte sich sich immernoch auf die beiden bewährten Produzenten verlassen und abliefern..
Ich finde es sensationell. Mit oder ohne Wonder. Echter Hip Hop halt, damit sich auch Moorhoch auskennt.
Little Brothter waren schon immer eine Crew, die ich eigentlich komplett super finden müßte, weil sie halt alles richtig machen, die mich aber einfach nur todeslangweilen. War bei den Alben davor schon so, hat sich hiermit auch nix geändert.
So, dritter Durchgang läuft und ich bin total glücklich mit dem Album. Die Skits lassen eine Disposable Arts-Atmosphäre entstehen, ein roter Faden. Die Tracks auch ohne 9th gewohnte LB-Quali. Klar, hier und da hätte es beim neunten Wunder mehr geknistert und er hätte noch mehr soulige Wärme erzeugt, aber das geht schon durchaus klar hier! Ich sage 4,5/5.
Nein und nochmals nein. Das hier ist kein LB
Dass du das so locker nehmen kannst...phonte und co killen auch primo beats. Das sind legends
Der LB-witz liegt ja darin dass die von dir schon angesprochene Wärme ausschlaggebend für das Soundbild ist..
Ich bleibe dabei: ohne 9th kein LB
Ich versteh Dich doch, Diggi. Aber das Album ist auch "so" naise, mir gefällt es halt einfach ziemlich gut. Grad am Stück ist es "ein Film".
Ey mane, ich will dir weder die lust am album nehmen noch das schlechtreden.dafür sind mir die dudes zu wichtig
Aber ich komm auf son halbgaren kram nicht klar bei so einem großen namen und emotions
9th hat dafür beim Rapsody-Album ganze Arbeit geleistet ♥
Naja, gut, eigentlich halbe Arbeit, haha, nicht alles Beats sind von ihm...aber war sicher auch Executive Producer, alles richtig gemacht also. Prioritäten setzen!
Du alter mediator kisskiss
Krass, beim Rapsody-Album nehme ich seine Handschrift viel weniger wahr, eigentlich hat er doch einen absoluten Signature-Sound!? Aber ja, Rapsody-Album ist ebenfalls sehr naise, siehe Faden.
Och, kann man schon gut raushören...fast alle boom-bappigen Tracks müssten von ihm sein...Cleo, Maya, Ibtihaj usw.
Bin da komplett bei gueldi. LB vereint auf dem Papier alles was ich mag, und viele Tracks sind auch wirklich gut, aber auf Albumlänge langweilt mich das immer ab einem gewissen Punkt.