laut.de-Kritik

Ein Hybrid zweier Gemüter.

Review von

Little Simz ist keine Frau der großen Gesten. Anstelle den Erfolg ihres Bravourstückes "Grey Area" ausgelassen zu feiern, oder sich auf den Lorbeeren auszuruhen, verschwand die Londonerin zügig wieder aus dem Spotlight, um sich kopfüber in neue Projekte zu stürzen. So übte sie sich, bevor es sie wieder ins Studio verschlug, auf Empfehlung ihres guten Freundes und Rappers Kano mit einer kleinen Rolle in der britischen Netflix-Show "Top Boy" zum wiederholten Mal als Schauspielerin. Ihr neustes Projekt "Drop 6" beweist allerdings, dass ihr Fokus weiterhin ganz klar ihrer Musik gelten sollte. Zu viel lyrisches Talent würde sonst der Welt verwehrt bleiben.

Der sechste Teil ihrer "Drop"-EP-Reihe folgt der kurz und knackigen und oft formlosen Tradition seiner Vorgänger, ist aber ebenso Produkt seiner Entstehungszeit. Simz kündigte "Drop 6" mit einem emotionalen Instagram-Post an, der einen Einblick in ihren Corona bedingten Isolations-Alltag bietet. Die Arbeit an der EP habe sie bereits vor dem Lockdown, begonnen, wurde von diesem dann jedoch prompt entmutigt. Dementsprechend klingt die EP auch wie ein Hybrid zweier Gemüter.

Da ist die selbstbewusste Simz, die "one woman army", die sich auf "might bang, might not" und "damn right" als "fuckboy resistant" gibt und ihrer Konkurrenz den Krieg erklärt. Und da ist die introspektive und "bored out of her mind" Simz die sich auf "you should call mum" fragt, ob alle eigentlich gerade dabei sind, ihren Verstand zu verlieren.

Diese Ambivalenz durchsickert die EP bis hin zur Produktion, die auf "might bang, might not" mit aufgeputschter Snare und Sirenen ziemlich aggressiv ausfällt, während "where's my lighter" ätherisch und verträumt daher kommt. Was alle Songs eint, ist die fehlende Finesse und Komplexität die "Grey Area" so beeindruckend machte. Alles klingt ein wenig "rough around the edges" und deutlicher simpler, was den Umständen geschuldet sein dürfte.

Das funktioniert auf "one life, might live", wo Simz über weite Strecken lediglich von einem dezenten Bass begleitet wird, wunderbar. Auch das Keyboard auf "you should call mum" erfüllt seinen Zweck. Auf "damn right" klingen die Drums dann aber erschreckend leblos und hölzern. So bleibt "Drop 6" insgesamt instrumental eher unspektakulär, was Little Simz Pengame aber keinen Abbruch tut.

Es scheint so, als sei dies ohnehin das Hauptaugenmerk der Rapperin gewesen. Die Ohrwurm-Hooks ihres letzten Albums sucht man nämlich ebenfalls vergebens. So bleibt das damals getätigte Statement "I’ve got something to say" brandaktuell und der Fokus dieser EP. Bereits auf dem Opener sagt sie: "This is for the now." Simz nutzt die zwölf Minuten um ihrer Gefühlswelt im Hier und Jetzt eine Stimme zu geben.

"Drop 6" ist keine Fortsetzung von "Grey Area". Das will Little Simz’ sechste EP aber auch gar nicht sein. Vielmehr markiert sie eine lyrische Fingerübung, um sich die Zeit zu vertreiben, ein Durcheinander an Gedanken und Emotionen, die Simz los werden will, bevor sie sich erneut größeren Unterfangen widmet. "I'm here nurturin' my talent / I'm focusin' on my next masterpiece" rappt sie auf "where’s my lighter". Bis dahin dürften Fans mit dieser EP bestens versorgt sein.

Trackliste

  1. 1. might bang, might not
  2. 2. one life, might live
  3. 3. damn right
  4. 4. you should call mum
  5. 5. where's my lighter (feat. Alewya)

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