laut.de-Kritik
Eine Reise in die Zeit, als sich Disco und Punk in NYC trafen.
Review von Daniel StraubHeute ist die Stadt am Hudson dank Bands wie The Strokes wieder in aller Munde. Das war schon einmal so, als im New Yorker Club CBGB's, Mitte der 70er die Punkrevolte ins Rollen kam und ein paar Straßenecken weiter in Soho Larry Levan hinter den Turntables der Paradise Garage das DJ-Zeitalter einläutete. Der anarchistische Spirit des Punk und das Grooveverständnis von Disco leiteten Lizzy Mercier Descloux auf ihrem 1978 in New York aufgenommenen Debütalbum "Press Color" zu eigenwilligen Songexperimenten an, wie sie wohl nur in Zeiten des Umbruchs entstehen können.
Die ersten neun Tracks entsprechen den Stücken, die sich auf dem Original von "Press Color" fanden und entstanden in einer mehrtägigen Aufnahmesession quasi ad hoc. Lizzy Mercier Descloux, mit einer Funk-Band im Gepäck, gibt sich hier sehr zugänglich, greift den Geist von Disco auf und spielt sich mit poppigen Songs ins Ohr der Zuhörer. Coverversionen von "Mission Impossible" und dem Arthur Brown Song "Fire" evozieren von ersten Ton an ein Gefühl der Vertrautheit, das lediglich durch den deutlich hörbaren französischen Akzent von Mercier Descloux ein charmantes Irritationsmoment beigestellt bekommt.
Schmiegen sich "Fire" und "Mission Impossible" noch sehr nah ans Original, so macht "Tumour" den anarchistischen Geist der Zeit mit Händen greifbar. Das von Cooley und Davenport komponierte und von Elvis unsterblich gemachte "Fever" dient hier als Vorlage, die mit dadaistisch, satirischem Humor veralbert wird. Der Bezug zu den Avantgarden des letzten Jahrhunderts stellen auch die von Lizzy Mercier Descloux unter dem Pseudonym Rosa Yemen aufgenommenen Tracks her, die ebenfalls aus der Zeit von "Press Color" stammen, auf dem Original jedoch nicht zu finden waren. Sie atmen die Luft eines simpel eingerichteten Schlafzimmerstudios, gefallen in ihrer skizzenhaften Ästhetik, die auf alles Unnötige verzichtet.
Mit "Press Color" belebt das neu-gegründete Label ZE Records jene New Yorker Zeit wieder, als Punk und Disco der Stadt ihre Stempel aufdrückten und ein musikalisches Erbe hinterließen, zu dem Patti Smith, The Ramones und Suicide genauso gehören wie Lizzy Mercier Descloux oder Lydia Lunch.
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