laut.de-Kritik
Vom Guten das Beste aus schwarzer Musik.
Review von Dani FrommPuristen aller Lager werden wieder heftig die Nasen rümpfen: Bäh, was ist das denn? Hip Hop? Reggae? Dubreggae gar? Meine Güte, nicht so verbissen, die Herrschaften! Der Albumtitel passt ganz gut. "Mixed Blessings", will meinen: Ein bisschen was aus verschiedenen Ecken Schwarzer Musik, und dabei wenn möglich vom Guten das Beste. Lotek Hi-Fi geben Schubladendenkern keine Chance.
Herangehensweise und Machart sind unverkennbar Hip Hop, abgesehen davon prägen Reggae- und Dancehalleinflüsse den Klang und hinterlassen besonders in den Basslinien ihre Spuren. Die Rhythmen grooven über die komplette Album-Länge in bester jamaikanischer Manier vor sich hin. In "Blessings" bereichern Dub-Effekte das Bild, "What You See" erinnert mit seinem blubbernden elektronischen Sound stark an eine Roots Manuva-Produktion. Letzteres ist nicht weiter verwunderlich, haben wir es in Wayne "Lotek" Bennett mit einem von Manuvas langjährigen Weggefährten und gleichzeitig mit dem ehemaligen musikalischen Leiter dessen Live-Shows zu tun. So leistet Roots Manuva hier auch seinen Liebesdienst und trägt höchstpersönlich Zeilen zum Hip Hop/Dancehall-Bastard "Move Ya Ting" bei.
Sandra Melody, die in "Move Ya Ting" ebenfalls in Erscheinung tritt, ist darüber hinaus in "How It Go" und "Time Has Come" zu hören; besonders letzteres erfreut mit reichlich ungewöhnlicher Instrumentierung, während "How It Go" nahezu klassisch auf Streicherklänge setzt. Sandras Mischung aus Rap und Gesang ergänzt die ohnehin schon beeindruckend vielseitigen Vocals der Lotek Hi-Fi-MCs ganz hervorragend. Gefühlvoller Reggae-Gesang, finster grollende Raps aus dem tiefsten Keller sowie beredt flowende Reime - Wayne Paul, Lotek und Aurelius können alles; die Kombination krass unterschiedlicher Stimmlagen und Styles macht einen großen Teil des Reizes Lotek Hi-Fis aus. In einem Zwischenspiel packt Aurelius, nur begleitet vom Wahnsinn einer human beatbox, sein Alter Ego Dazzla aus: Die gebotene Geschwindigkeit lässt den Hörer mit offenem Mund im eigenen Schweißausbruch erstarren. Um das Gesamtbild abzurunden, greift außerdem das ehemalige Bandmitglied Earl J in zwei Tracks zum Mikrofon; wie schön: Trennungen im gegenseitigen Einverständnis scheinen also doch möglich zu sein.
Musikalisch wirkt "Mixed Blessings" bei aller enthaltenen Vielfalt sehr aufgeräumt, in "How It Go" sogar nahezu minimalistisch. Häufig finden Streicher Verwendung. "Feel No Way" bietet viel Raum für Percussion, Bass und die Vocals, mit "Sticks & Stones" geht ein wunderschöner, melancholischer Reggae-Tune an den Start. Zuweilen wirkt die Bandbreite ein wenig planlos; eingefleischten strikten Hip Hop- oder Dancehall-Fans wird ein derartiger Gemischtwarenladen nur schwer nahe zu bringen sein. Daneben ist anzukreiden, dass keiner der Tracks wirklich heftig auf die Zwölf schlägt, so richtig kracht es nirgends: Club-Hits sind das nicht. "Mixed Blessings" eignet sich eher für das Wohnzimmer, dafür dann aber ganz ausgezeichnet.