laut.de-Kritik

Das doppelte Lottchen.

Review von

Mit ihrem Debütalbum ging sie "Querfeldein", bei ihrem Nachfolger suchte sie das "Glück", diesmal fragt sie: "Woran Hältst Du Dich Fest, Wenn Alles Zerbricht?" An deinem dritten Album, Lotte? Zumindest die Hälfte der Songs bietet Grund dafür. Beim Rest gibt's kein Halten mehr.

Im gleichnamigen Albumtrack und Opener "Woran Hältst Du Dich Fest, Wenn Alles Zerbricht?" singt Lotte uns direkt in den Schlaf. Also gute Nacht, das war's wohl. Aber warte, geht da doch mehr? Nach knapp zwei einschläfernden, langweiligen Minuten switcht der Song und bekommt einen schnelleren, dröhnenden Beat, der um einiges besser klingt. Als der Track schließlich so richtig Fahrt aufnimmt, endet er auch schon – ohne, dass Lotte die Frage beantwortet.

"Angst (Irgendwann Wird Es Besser)", das einzige Feature der Platte machen Rapper DXVE, markante Gitarrensounds und ein emotionaler Text zu einem der besten Tracks des Albums. "Dopamin" dagegen erzeugt keine Glücksgefühle. Liegt das an Lottes berechtigter Frage "Was soll Bonnie ohne Clyde im Alleingang" oder an den kitschigen und doch irgendwie öden Lines? Wahrscheinlich an beidem.

"In der Liebe und im Spiel, da ist alles erlaubt / Ich spiel' mit dir und du mit mir, wir ziehen uns an und dann aus / Ich verschwende deine Zeit, komm, verschwende meine Liebe / Wir nehmen, was wir wollen, wir sind beide nur Diebe", singt Lotte in "Fuck Baby I'm In Love" und sorgt endlich für den schon zuvor versprochenen Dopaminschub. Als Protagonisten des Songs dienen wieder Bonnie und Clyde. Der Text hier wirkt zwar ähnlich kitschig wie voriger Track, aber immerhin etwas authentischer. Soundtechnisch entdeckt Lotte wieder ihre Liebe zum Rock.

"Dunkelrot Zu Schwarz" bietet wieder den kompletten Kontrast. In der ruhigeren Depri-Nummer mit sanften Gitarren thematisiert Lotte mit für einmal gelungenen Lyrics das Ende einer toxischen Beziehung: "Liebst mich sehr, liebst mich sehr, doch magst mich nicht / Ich sag mir, dass es nur ne Phase ist". Eingängiger Beat, etwas "lalalala" und Chartpotenzial: "Lass Die Musik An" gibt nicht mehr, nicht weniger her. Bei "Was Machst Du?" fragt Lotte, was ihr "Babe" mit ihr macht. Mit markanten Schlagzeug und Gitarren sowie ein wenig Elektro macht der Song auch beim Hören Spaß.

"Angekommen, Vielleicht". Was jetzt? Das weiß die Ravensburgerin bei dem minimalistischen Gitarrensong selbst nicht so recht. Etwas einschläfernd hört sich das an, wodurch sich das Ankommen um mindestens drei Minuten verzögert. Auch der Titel "Viel Zu Viel (Nicht Genug)" stellt Hörer*innen vor ein Rätsel. Doch der Song klingt ganz anders, angenehm und nicht wie ein aufdringlicher Liebessong. Das Highlight fehlt dennoch, also leider nicht genug.

"Ich hab' im Dunkeln niemals Angst gehabt / Jetzt schließ' ich abends immer zwei Mal ab / Ich frag' mich, ob du dich daran überhaupt noch erinnern kannst? / Denn ich denk' da immer noch immer und zehnmal und zehnmal dran". Zu "So Wie Ich" gibt's nicht viel zu sagen, die Lyrics lassen nah ran und sprechen für sich.

Bleibt nur noch die finale Frage: "Woran Hältst Du Dich Fest, Wenn Alles Zerbricht? Pt. 2" Richtig gelesen, den Song gibt es doppelt, wie Lotte selbst. Der zweite Part klingt so lahm wie die erste Hälfte von Part 1 und beantwortet die Frage immer noch nicht. Wahrscheinlich sollte diese einfach jeder individuell für sich beantworten.

Vieles hier plätschert im Popgewässer vor sich hin oder schwimmt auf der Oberfläche. Doch das Album zeigt immerhin die zwei Seiten von Lotte: düster, emotional, tiefgründig und poppig, kitschig, klischeehaft.

Trackliste

  1. 1. Woran Hältst Du Dich Fest, Wenn Alles Zerbricht?
  2. 2. Angst (Irgendwann Wird Es Besser) ft. DXVE
  3. 3. Dopamin
  4. 4. Fuck Baby I'm In Love
  5. 5. Dunkelrot Zu Schwarz
  6. 6. Lass Die Musik An
  7. 7. Was Machst Du?
  8. 8. Angekommen, Vielleicht
  9. 9. Viel Zu Viel (Nicht Genug)
  10. 10. So Wie Ich
  11. 11. Woran Hältst Du Dich Fest, Wenn Alles Zerbricht? Pt. 2

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