laut.de-Kritik

Neue Ohrwürmer für Schützenfeste, Bierrunden und Teestunden.

Review von

Man kann das Phänomen Loddo kaum erklären. Im Süden unseres Landes kennt ihn nicht unbedingt jedermann. Weltbekannt in Hamburg und Norddeutschland ist er gleichwohl. Wird er auch mit dieser Platte mal wieder lässig die ganz dicken 10.000er Hallen füllen?

Der sympathische Fußballverrrückte und Stadionsprecher des falschen hanseatischen SV entwickelt seine ehemals mitunter recht einspurigen Ergüsse auf "Was Ist Eigentlich Mit Frank?" zum schicken Songwriter-Deutschrock-Schlager-Bastard mit mehr Tiefgang. Die Kunstfigur 'Frank' zieht sich rotfädig als unser aller Alterego durch die Pladde.

Mal ein armer Loser, der unentwegt sein Ding versucht; dann wieder ein geschätzter Partner und Freund. Der Arsch und der König! So mag es der Loddo. Und eh man sichs versieht, sitzt man mittenmang in der überwiegend gelungenen Kaperfahrt.

Das Titelstück ist gefährlich. Ich bin von Natur aus nicht besonders ohrwurmgefährdet. Diesen abgezockten Refrain zwischen frisch kumpeliger Schnuckelrockbegeisterung und Ärzte-Ästhetik samt Haaaa-Lalalalala Backings und "Westerland"-Attitüde steht Band und Frontman hervorragend zu Gesicht. Einen melancholischen Stich ins Herz birgt der Text, in dem "der King" dümmlich unkritische Eltern basht, die mit 'Kevinismus' und 'Jacquelinade' dafür sorgen, dass 'Frankieboy' auch als Charakter leider ausgestorben ist. Lottos ganz natürlicher, sehr maskuliner Rockschmelz in der Stimme hilft LKK nicht nur bei diesem Song. Das Bild des Sängers wirkt stets authentisch.

Es gibt mal wieder ein ganzes Sammelsurium an Autoren plus massig eigene Credits. Carsten Pape, den viele leider nur als 80er One Hit-Wonder Clowns & Helden kennen, ist als schreibender und beratender Sidekick der perfekte erste Offizier an Bord der Barmbeker Piratenkogge. So unverzichtbar wie Sideshow-Mel für Krusty.

Es versteht sich fast von selbst, dass das geliebte 'Hopihallido' (Holsten Pilsener Halbe Liter Dose) mal wieder eine Hymne bekommt. Als "Biersexuell" outet sich der gebürtige Hamburger diesmal. Das ist thematisch ein ganz alter Hut und kann in seiner Berechenbarkeit auch nerven oder langweilen. Doch der schelmische Lovesongtext von Uraltkumpel und Oberfrauenversteher Frank Ramond reißt alles heraus. Über den Status als Haus- und Hoflyriker von Louisan und Cicero ist komplett in Vergessenheit geraten, dass er Loddos Debütwerk vor 16 Jahren mehr oder weniger komplett allein verfasste. Wer souverän den breitbeinigen Macker und den Frauenabend-Dichter gibt, ist wirklich einer der großen Poptexter.

Musikalisch haben die ehedem recht grob agierenden Barmbek Dreamboys auch dazu gelernt. "Der Typ Aus Der Fast-Ersten Reihe" kommt als lässig angejazzter Schlagerswing mit ausgefeilt gehauchten Zeilen, die auch ein Götz Alsmann nicht von der Bettkante werfen würde. "Ich bin der Typ, der immer fährt und deshalb gar nicht geht." Dem, Cliquenloser und Discofahrer ein Denkmal? Bei King Karl kein Problem. Wenn er so weitermacht, schließt er genau jene Lücke, die ein Kollege wie Klaus Lage früher besetzt hielt. Die Position wäre vakant.

Das schönste Lied seiner Karriere offeriert der gereifte Künstler in "Du Bist Ohne Worte". Romantik gehört zum spröden Nordmann wie Schafe zum Deich. Entsprechend ehrlich und ohne jedes sentimentale Kalkül gibt er hier den Love-Crooner, wie es früher hierzulande nur Waggershausen vermochte. Der Text soll bewusst hier nicht verraten werden, um das knuffige Lied nicht des Aha-Effekts zu berauben.

Vieles zwischen den leiseren Tönen ist Party pur. Die unvermeidlichen Fußballsongs des positiven Fanatikers sind für weniger euphorisierte Geister schon mal ein wenig zu dominant. Bei jedem Hördurchgang drei bis vier Tracks dieser Sorte - zugestanden originell getextet - gehen zumindest mir nach einiger Zeit auf den Sack. Wer den gehaltvollen Loddo will, muss eben auch durch den von Gras und Leder besessenen Teil seiner Natur. Auch textlich schießt er ab und an über das Ziel hinaus. "Die Kassiererin Von Kasse 8" wäre ein großartiger Songwritermoment ohne die abschließende RTL2-KiTa-Pointe geworden. Schade.

Zum Ende des Albums wird der Barmbeker vollends zum Störtebeker. "Ich Will Wolle" rockt mit den typischen Gummi-Metal-Gitarren und ebensolchem Petry-Aufbau alles in Grund und Boden, was bei drei nicht auf der Kopfweide ist. Smart drückt er der Wolle-Hommage den eigenen Stempel auf. Wider den Kernsatz "Ich will den Wolle zurück" schiebt er den verdienten und insgesamt unterschätzten Musiker Petry-Heil-mäßig erst richtig aufs Altenteil. Locker könnte der King nämlich auch diese Lücke füllen.

Insgesamt präsentiert sich das Album als wüste Mischung aus goiel, Digger! und Lass doch mal den ollen Tüdelkram. Wer jedoch glauben sollte, dieser Bazillus sei nix für den Rest der Republik, der irrt beträchtlich. Schützenfeste, Bierrunden und Teestunden gibt es schlussendlich überall.

Trackliste

  1. 1. Was Ist Eigentlich Mit Frank?
  2. 2. Zu Alt, Um Jung Zu Sterben
  3. 3. Biersexuell
  4. 4. Die Stunde Der Wahrheit
  5. 5. Der Typ Aus Der Fast-Ersten Reihe
  6. 6. Wir Können...
  7. 7. Du Bist Ohne Worte
  8. 8. 0:3
  9. 9. Nie Wieder
  10. 10. Die Geilsten Typen Der Welt
  11. 11. Zvijezda Bosne (Jetzt Ist Abpfiff)
  12. 12. Rennen
  13. 13. Die Kassiererin Von Kasse
  14. 14. Zur Brust (Fofftein, Digger)
  15. 15. Ich Will Wolle
  16. 16. Hamburg, Meine Fußballperle (Live In Bochum)

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2 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    ... des falschen hanseatischen SV ...

    hihi

  • Vor 12 Jahren

    Vor vielen, vielen Jahren war ich mal zu Gast in Bremen. Auf der sonntäglichen Heimfahrt sah ich aus dem Auto heraus, wie in einer Seitengasse jemand gegen eine Telefonzelle urinierte. Ich kurbelte die Scheibe runter und schrie: "He, das ist doch Lotto King Karl, wie er gegen eine Telefonzelle pinkelt!". Die Gestalt in schwerer Ledermontur, Sonnenbrille und 50ies-Tolle drehte sich in meine Richtung (natürlich ohne weg zu stecken...) und zeigte mir den Mittelfinger.
    Später auf der Autobahn Richtung Hamburg drängte uns ein schwarzer Benz von der linken auf die mittlere Spur. Auf dem Beifahrersitz: Lotto King Karl in schwarzem Leder, wie er mir nochmals den Stinkefinger zeigt... Meine Empörung wurde immer wieder auch von Stolz durchzogen. Der erste Medienstar, der mich hasste! In diesem Moment wusste ich irgendwie bereits, dass es nicht der einzige bleiben sollte...