laut.de-Kritik
Bitte mal genauer hinhören!
Review von David HutzelJess Wolfe und Holly Laessig, die Frontfrauen der New Yorker Indie-Pop-Formation Lucius, machen keinen Hehl aus ihren Idealen. Nicht umsonst stammt das Cover des Debütalbums von der belgischen Künstlerin Evelyne Axell – einer Wegbereiterin der frühen Popkultur mit Hang zum Feminismus. So steht der Titel "Wildewoman" nach Aussagen der Damen stellvertretend für starke, freigeistige Frauen. Eine feministische Platte etwa?
Ja, ein feministischer Faden zieht sich ganz offensichtlich durchs Album. Lucius schaffen sich in dieser Hinsicht sozusagen einen Raum für sich allein: Ein Platz für eigene Gedanken, in einer Welt, in der sich weiblicher Pop oftmals auf körperliche Oberflächlichkeiten reduziert. Das fängt natürlich zuallererst damit an, dass auch die Musik der fünfköpfigen Formation um Wolfe und Laessig sich hörbar an den Girl-Pop-Bands der 60er Jahre orientiert.
Die Songs versprühen Dynamik – sowohl in ihrer Namensgebung ("Two Of Us On The Run", "Until We Get There"), als auch in ihrer musikalischen Qualität. Diese liegt klar im hymnischen Park-Spaziergang, der mit Leichtigkeit an den blühenden Beeten des Pops der letzten vierzig Jahre vorbei führt. Statischer Mittelpunkt in diesem ausgetüftelten Wohlfühlkonzept: Der harmonierende Gesang der Frontfrauen Wolfe und Laessig. Ihr meist zweistimmiger Gesang – teilweise noch durch mehrere Backgroundsänger verstärkt – findet stets in einem von Swing, Doo-Wop und frühem Rock'n'Roll beeinflussten Umfeld statt.
Bei "Hey Doreen" trifft das auf staccato-artiges Klavierspiel und Uptempo-Beat: Voila, ein wunderbar eingängiger Pop-Song, der sich ein bisschen danach anhört, als wollten die Katy Perrys dieser Welt plötzlich nicht mehr als fremdgesteuerte Objekte wahrgenommen werden. Schließlich konstruieren Lucius gar noch eine gemeinsame Schnittmenge zwischen dem Pop der Sixties und Folk, was sich in "Don't Just Sit There" zu eine der Höhepunkte des Albums manifestiert.
"Wildewoman" strotzt nicht vor Innovation, Lucius spielen nicht mit dem Hörer. Die New Yorker setzen einem vielmehr wohl Vertrautes vor, mit dem Hinweis, doch noch einmal genauer hinzuhören, Gefallen an der Melodie zu finden. Und das bereitet während dieser knappen dreiviertel Stunde wirklich einige Momente Freude.
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