laut.de-Kritik

Cool, aber der Sound ist zu überladen.

Review von

Lange ist's her, da drückte ein Jüngling seinem Vorbild Howe Gelb nach einem Konzert ein Tape in die Hand. Der war begeistert und nahm ihn bei seinem Label unter Vertrag. "Duet For Guitars #2" (2000) hieß das gitarrenbasierte Debüt von Matt Ward, das zum bisherigen Highlight seines Schaffens führte, dem verschlafenen wie eigenwilligen "End Of Amnesia" (2001).

Seitdem ist der Barde aus Portland, Oregon musikalisch immer wieder neue Wege gegangen. Sein ruhiges, tiefes, angerautes und stets etwas verschlafen wirkendes Organ hat sich nicht geändert, ebenso wenig sein folkiger Zugang zur Musik, doch hat er üppige Arrangements für sich entdeckt. Und sich der Herausforderung gestellt, mit einer singenden Schauspielerin zu arbeiten, was zum Projekt "She & Him" (2008) geführt hat.

Schon dort zeichnete sich Wards neue Vorliebe für barocke Begleitungen ab, die auf der vorliegenden Platte nun endgültig zum Ausdruck kommt. Könnte der ruhige Opener auch aus einem seiner frühen Platten stammen, ist "Never Had Anybody Like You" eine Uptempo-Rock'n'Roll-Nummer, bei der Zooey Dechanel (She) ihren ersten von zwei Auftritten absolviert. Der Klang ist so angereichert, dass es fast scheint, als habe der Hofproduzent der Beatles, George Martin, seine Hand im Spiel gehabt.

Bei "Jailbird" gesellen sich ein Kammerorchester und undefinierbare Hintergrundklänge zu Gitarre, Stimme und Schlagzeug, "Hold Time" ist ein onirisches Klangexperiment, das schon fast Züge neuer Musik trägt. Alles interessant und engagiert, doch leider passt das alles nicht so richtig zu Wards musikalischer Identität, zu der eine Gitarre gehört, möglichst ohne viel Schnickschnack. Das zeigt sich auch in "Rave On", als im zweiten Teil wieder ein Klangwand das Stück zu erdrücken droht, das zuvor mit einem steten, nicht aufdringlichen Rhythmus einen ganz guten Eindruck gemacht hat.

Die vielversprechende Coverversion des Country-Klassikers "Oh, Lonesome Me" mit Lucinda Williams entpuppt sich als Enttäuschung: Sehr ruhig trotz der Vielzahl an Instrumenten und monoton gesungen, reiht es sich hinter zahllos gelungeneren Interpretationen ein. Auch die zweite Zusammenarbeit, "To Save Me", mit Jason Lytle, klingt recht belanglos nach technisch angereicherten Beach Boys mit 80er-Pop-Anleihen und Keyboardsolo.

Erst zum Schluss gönnt Ward dem Zuhörer eine Verschnaufpause. Doch auch hier verzichtet lediglich "Shangri-La" auf die opulenten Arrangements, die die zweiten Hälften von "Blake's View" und dem "Outro" prägen. Hier bestätigt sich der Eindruck, der sich von Beginn hat eingeschlichen hat: Die Musik ist nach wie vor cool, aber der überladene Sound funktioniert nicht wirklich. Sicherlich macht es Spaß, im Studio oder Zuhause an tausenden Reglern rumzuschrauben, aber am besten hört sich Ward an, wenn er darauf verzichtet, wie in "One Hundred Million Years" oder dem – trotz der Streicher - an Johnny Cash angelehnten "Fisher Of Men" zu klingen.

Trackliste

  1. 1. For Beginners (AKA Mt. Zion)
  2. 2. Never Had Nobody Like You
  3. 3. Jailbird
  4. 4. Hold Time
  5. 5. Rave On
  6. 6. To Save Me
  7. 7. One Hundred Million Years
  8. 8. Stars Of Leo
  9. 9. Fisher Of Men
  10. 10. Oh Lonesome Me
  11. 11. Epistemology
  12. 12. Blake's View
  13. 13. Shangri-La
  14. 14. Outro (AKA I'm A Fool To Want You)

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