laut.de-Kritik

Vertone deine Jugend.

Review von

Da hat man kurz Angst gehabt, man müsse diesen Sommer nochmals mit Tame Impalas "Currents" bestreiten, da haut der Pionier der Glückseligkeitsmusik Anthony Gonzalez zum genau richtigen Zeitpunkt das Album des Sommers, ach was, des Jahres raus. Verdammt ewige fünf Jahre waren seit dem Überalbum "Hurry Up, We're Dreaming" ins Land gegangen, nun die Erlösung: "Junk". Es ist, wie eines Songwriters seiner Klasse würdig, ein Meisterwerk geworden.

Soundtrack-Gonzalez rotzt dem Hörer wie gewohnt nicht einfach ein paar Songs hin, sondern erschafft eine ganze Welt mit 15 wunderschönen Kompositionen. Eine Welt voller Fantasie, epischen Melodien, allen möglichen Emotionsauslösern, detaillierten Sprach- und Klangbildern und Synthie-Schönheiten. Diesmal: mehr Streicher, mehr Gitarren, mehr französisch, mehr Melancholie. Aber noch immer hier und da der typische M83-Sound: das kreischende Elektrogewitter, extrovertiert psychedelisch, manchmal nahe an der Grenze zum Trash, aber niemals belanglos.

Dabei fängt "Junk" sogar recht leicht an. "Do It, Try It" faster stronger? Ach nee, falsche französische Band, aber einen daftpunkigen Einschlag hat die Eröffnungsnummer. Darauf folgt ein unverwechselbarer M83-Track. "Go!" hat wieder das volle Programm: Frauenstimme, eingängiger Refrain - vermutlich der Hit des Albums - und die ersten Gitarren. Mit "Moon Crystal" kredenzt Gonzalez eine Instrumentalnummer, die nach 80er-Jahre-Serienoutro oder der musikalischen Untermalung einer nächtlichen Dauerwerbesendung erinnert.

Selbstverständlich ist auch auf dieser Platte eine Menge Platz für Melancholie. Hier in Form der Balladen "For The Kids", gesungen von Susanne Sundførd, "Solitude" oder "Atlantique Sud". Bei "Laser Gun" hingegen ist man versucht, die Rollerblades rauszuholen und paar Runden zu drehen, bis man eben hinfällt. In diesem Song wieder dabei: Das M83-typische Kurz-"Hey". Und dann wäre da noch der traumhafte, eskapistische Song "Tension". Perfekt, das alles.

Auf "Junk" wird die Sehnsucht des Franzosen nach der Kindheit noch deutlicher als bisher. Neben dem niedlichen Cover hört man auf der Platte immer wieder Kinderstimmen und auch sonst klingt alles manchmal sehr nach Zirkus ("Bibi The Dog"), Nostalgie und Verträumtheit. Dieses Kindheitsmotiv kulminiert im schönsten Song des Albums "Sunday Night 1987", mit dem das Album schließt. Besungen werden Julia und Alexander, Chiffren für tatsächliche Wegbegleiter, die im Laufe des Lebens eben verloren gehen. Die entronnene Kindheit kann man nicht wiederholen, das Wunderwerk "Junk" mittels Repeat zum Glück schon.

Trackliste

  1. 1. Do It, Try It
  2. 2. Go!
  3. 3. Walkway Blues
  4. 4. Bibi The Dog
  5. 5. Moon Crystal
  6. 6. For The Kids
  7. 7. Solitude
  8. 8. The Wizard
  9. 9. Laser Gun
  10. 10. Road Blaster
  11. 11. Tension
  12. 12. Atlantique Sud
  13. 13. Time Wind
  14. 14. Ludivine
  15. 15. Sunday Night 1987

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10 Kommentare mit 11 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    "Saturdays = Youth" ist eins meiner wenigen verbelibenden Lieblingsalben aus einem Genre dem ich nur noch äußerst selten etwas abgewinnen kann.
    "Hurry Up, We're Dreaming" hat meine Erwartungen leider enttäuscht und so hab ich ein bisschen den Draht zu M83 verloren. Kann jemand schon sagen ob es sich wirklich lohnt? Denn ich habe durchaus sehr unterschiedlich bewertete Reaktionen zu "Junk" gelesen..

    • Vor 7 Jahren

      Ich hab's ein bisschen bei Spotify gehört (also eher einzelne Tracks auf "Random"), einige Lieder sind schon cool aber wirklich fesseln tut es mich nicht. Es ist recht anders als die von dir genannten Alben (zu denen ich ganz deiner Meinung bin).

    • Vor 7 Jahren

      Hab mittlerweile auch reingehört und den gleichen Eindruck wie du. Es kann mich nicht packen, auch wenn ein paar coole Ideen dabei sind.

      Als Sommeralbum setze ich jetzt mehr auf Bibio's "A Mineral Love". Das hat soweit überzeugt.

    • Vor 7 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 7 Jahren

      Hah! Danke, dass du's nochmal ausspricht, die wäre mir sonst höchstwahrscheinlich entgangen.

      Gerade neulich erst wieder der den Schlusspart von "Pretentious" auf der Mind Bokeh in so nen kleinen Privatmix eingearbeitet... Hat mE nichts von seinem eigentümlich verschrobenen Klangbildcharakter eingebüßt, insofern darf man auf Neues ja durchaus gespannt sein...

    • Vor 7 Jahren

      So ist es. Mind Bokeh ist auch wirklich klasse, aber auch Silver Wilkinson hat mir viele tolle Stunden beschert und so soll es auch mit A Mineral Love sein!

  • Vor 7 Jahren

    Ist natürlich auch für so ein zentrales Album eine etwas kurze Kritik...hätte ich mir definitiv ausführlicher gewünscht

  • Vor 7 Jahren

    @Red.: Glückwunsch zum Fang von Fr. Irmschler. Gehe ich recht in der Annahme, dass sie als Komplementärautorin zu Hrn. Kabelitz eingestellt wurde? Musikalisch finden die beiden ja scheinbar nur selten zusammen... Hatte mich an dieser Stelle auf einen Verriss von Sven gefreut und nicht schlecht gestaunt, als dann das 5 Sterne-Appraisal von Paula von der Titelseite lächelte. "Paula & Sven" - das klingt soo süß! Könntet ihr von denen in Zukunft bitte ausschließlich "4 Ohren - 2 Meinungen"-Specials bringen?

    Tja, was soll man sagen? Die Platte lässt mich emotional kalt. Das Softe schadet dem großen Ganzen, das Album ist stellenweise schmerzvoll banal, die Strukturen und das Konzept zu komplex, insgesamt zu generisch. Bisher meine persönliche Enttäuschung des Jahres und das schlechteste Albung von M83 seit Gründung,

    • Vor 7 Jahren

      "Die Legende Von Paula Und Sven"?

    • Vor 7 Jahren

      Bitte sag jetzt nicht, dass "Paula Irmschler" Svens neues Pseudonym ist, um hier zukünftig wieder etwas distanzierter zu den Erwartungen seiner merkwürdigen Fans rezensieren zu können?

      War mir bei seinem Kommentar zur Last Shadow Puppets-Rezension schon nicht sicher, ob das sein Ernst oder aufgesetzt ist. Der boardeigene Metahumor und die Klonkriege auf dieser Seite haben mich völlig paranoid gemacht! :D

    • Vor 7 Jahren

      Sie leben!

    • Vor 7 Jahren

      habe mir das lLbum 2 mal angehört und finde es auch eher schwach und banal. Er schafft es einfach an keiner Stelle die Stimmung zu erschaffen und zu halten die mich Zeitweise mal bei M83 gepackt hat.

    • Vor 7 Jahren

      Das war ein Stück zu subtil, Souli. Deine echte Meinung auch eher negativ?

    • Vor 7 Jahren

      Ja, in der Tat :(

      Finde es an vielen Stellen tatsächlich banal, seicht, egal und dachte mir, ich stell die Aussage/Einzelmeinung zu den deftones hier mal auf die Probe. Habe es aber, wie an anderer Stelle erwähnt, nur im Laden (intensiv) angecheckt und es hat mich so sehr abgeschreckt, dass ich jetzt gar kein Exemplar zu Hause habe, um das nochmal anzutesten. Aber wie Kabelitz an anderer Stelle sinngemäß meinte, "Ich hoffe, dass ich es nie wieder hören muss!"

      Und ja, NiceGuyEddie hatte recht, wie man an den Reaktionen auf meine satirische Überspitzung seines Kommentars hier bemerkt. Ich hab da wohl auf seine Negativkritik bzgl. deftones etwas überreagiert. Kommt bei mir in Zusammenhang mit dieser Band aber irgendwie häufiger vor...

      ...aber bzgl. M83 scheinen die "üblichen Verdächtigen" hier ja relativ überein zu kommen. Gut, dachte schon, mein "Radar" spinnt und ich sei erzeit einfach nicht empfänglich auf dieser Welle des musikalischen Spektrums...

  • Vor 7 Jahren

    Album ist nach einigen Durchgängen dann doch extrem gut. Hatte zu Beginn befürchtet, dass der Name Programm ist. Aber wenn man sich auf die Ästhetik und das, was das Album will, einlässt, kann man echt viel Spaß mit ihm haben. Ist in jedem Fall eine sehr interessante Ergänzung zur M83-Diskographie.
    Klares Highlight: Bibi the Dog. So herrlich panne und daneben, dass man es einfach lieben muss :D
    4.5/5

  • Vor 7 Jahren

    5 Punkte? Was habt ihr denn da reviewed? Das ist die schlimmste Fahrstuhlmusik, die ich seit Jahren gehört habe. Moon Crystal und For the Kids hält doch keiner aus! Kommt nicht ansatzweise an die beiden Vorgängeralben ran.

  • Vor 7 Jahren

    "Dieses Album hört sich nach allem an, nur nicht nach M83" Das war zumindst, das erste was ich dachte, als das Album bei mir lief, völlig unerwartet und leicht geschockt von den neuen Klängen der Band. Bin ich hier in nem trashigen Western Saloon, einer bunten Spielhalle oder etwa auf einer kitschigen 80s Hochzeit gelandet? Ok das zuvor leicht vorhandene Late 80s Feeling wird hier auf die Spitze getrieben und Junk bleibt seinem Titel wirklich in allen Punkten treu; Denn hier fühlt sich jeder Song an wie eine Hommage an das kindliche Gefühl des Entdeckens von alten VHS Kasetten, an dem kitschigen Wühlen in alten Familienalben, an alten Full House und Sesamstraße Episoden usw usw an. Ich muss gestehen, es ist mir anfangs unglaublich schwer gefallen den neuen Sound dieser Platte irgendwie zu genießen. Kitsch, Trash oder irgendwie doch genial? Letztendlich erging es mir mit diesem Album ähnlich wie mit einer 90er Jahre Serie, sagen wir mal Twink Peaks. Ähnlich lässt dieses Album einen völlig verwirrt zurück, man fühlt sich ausgebrochen aus einem einzig großen Zirkus voll mit Handpuppen (Dazu braucht es nicht zwingend ein Anblick des Albumcovers), skurillen Figuren und knallbunten Szenerien. Das alles mit leicht melancholischem Charme.Einerseits vollgestopft mit überschwenglichen positiver Energie wie in den Songs "GO!" "Do It Try it" oder "Laser Gun" , andererseits ausgestattet mit verträumt verstörenden Tracks. Der kurze Song "Ludivine" macht bei Nacht vom Gruselfaktor her fast schon Haxan Cloaks Excavation Konkurrenz :)) . Aber nach all dem Kram will man wieder zurück in diese surrealen, leicht blöden Gefilde, die einen irgendwo doch faszinieren. Echter Junk eben. Ein ziemlich nostalgischer noch dazu.

    5/5