laut.de-Kritik
Die Schattenseite des Rampenlichts.
Review von Alexander Austel"Hip Hop has always been political, yes / It's the reason why this music connects / So what the fuck has happened to my voice if I stay silent when black people are dying / Then I'm trying to be politically correct?"
Macklemore macht es sich nicht einfach. Angewidert von der rassistischen Gewalt amerikanischer Polizisten geriet "White Privilege II" zu etwas weit Größerem als einem bloßen Song. Es entstand ein Projekt, in das sich Musiker, Aktivisten, Lehrer und viele weitere involvierten und diesen Neunminüter zu dem machten, was es nun ist: ein für Ryan Lewis-Verhältnisse sperrig-klotziger Track, der auf unterschiedlichste Weise Rassismus anprangert.
Macklemore beleuchtet die vielen Facetten dieses komplexen Themas und sieht sich selbst, seines musikalischen Erfolgs wegen, als Niesnutzer dieses gesellschaftlichen Zustands. Nebenbei wirft er sogar noch die Frage auf, inwieweit man als Weißer in diese Kultur eingreifen und sie verändern darf.
Die führenden amerikanischen Fachzeitschriften waren sich schnell einig, Macklemore sei ein Heuchler mit vielen Gesichtern. Viele nehmen ihm auch die öffentliche Bitte um Entschuldigung an Kendrick Lamar nicht ab, "Good Kid, M.a.a.d City" habe die Grammys 2014 verdient und nicht "The Heist". Oder verkennen sie die Ehrlichkeit, die dahinter steckt?
Im Album-Opener "Light Tunnels" nimmt sich Macklemore des Grammy-Themas an und erzählt ehrlich und nachvollziehbar von den Schattenseiten des Rampenlichts. Er nimmt das falsche Getue in die Mangel, kritisiert den kreierten Medien-Hype darum und beobachtet dabei das mit Goldschmuck behängte Publikum.
Er fühlt sich sichtlich unwohl in seiner Haut: "There's a stranger holding my award / Man, I should have prepared an acceptance speech / Do I talk first? Is it Ryan? Is it me?" Aber auch hier wieder klagt er nicht nur andere an, sondern sieht sich selbst mitten drin in der Maschinerie: "Wanna make sure I'm invited next year / To the same damn party, celebrities and aisles / Same blank stares, same fake smiles." Er sieht sich in Erklärungsnot: "Time to explain this unruly mess I've made."
Das anschließende "Downtown", in dem er die Hip Hop-Veteranen Melle Mel, Kool Moe Dee und Grandmaster Caz versammelt, kann und muss als gelungener Nachfolge-Hit von "Thrift Shop" gelten. Wer könnte ihnen diese Catchyness, diesen coolen Groove und die damit einhergehenden funky-frischen Tunes schon verübeln? Schließlich öffnete sich dem Duo mit dieser Herangehensweise vor vier Jahren der Rap/Pop-Olymp, was hierzulande mit dem Sonntagabend-Headliner-Spot des Splash! 2013 belohnt wurde - und das zurecht.
Leider, und da muss ich den transatlantischen Kritikern von "This Unruly Mess I've Made" Recht geben, beackert Macklemore zu viele Themenfelder gleichzeitig: Da sind die luftig-leichten Radio-Pop-Songs, die ein Freudenfest in den Charts feiern, während er versucht seinen Hip Hop-Ansatz zu rechtfertigen, indem er Genre-Legenden wie Premo oder KRS-One ins Studio zerrt oder mit YG und Chance The Rapper abhängt. Ein persönlicher, an seine Tochter gerichteter Song reiht sich ein in allgemeine Unsicherheit, Rastlosigkeit und Selbstfindung, kurze Zeit später folgt die Aufforderung zum Tanz. Doch Macklemores wahres Anliegen liegt wohl in dem Versuch, die Welt zu retten. Das funktioniert mit einer Geschichte über Medikamenten-Abhängigkeit besser als mit dem überambitionierten Projekt, Amerika vom Rassismus zu befreien.
In der viel diskutierten dritten Single "White Privilege II" stellt sich ihm die Frage, ob man als Weißer in die Hip Hop-Kultur eingreifen oder gar Teil davon sein darf. Bediente Macklemore sich doch bei seinem Raketenstart auf die Erstplatzierungen sämtlicher Charts-Listungen an den von ihm kritisierten Mechanismen. Doch mir geht die von ihm vorgebrachte Selbstkritik zu weit. Ist Hip Hop nicht viel mehr als wirklich nur schwarze Kultur? Hat das Genre nicht längst gezeigt, dass es so vielseitig und so bunt ist, dass aus den verschiedensten Ecken Einflüsse einströmen können? "You've exploited and stolen the music, the moment, the magic, the passion, the fashion, you toy with / The culture was never yours to make better", meint jedenfalls der Mann am Mic, Ben Haggerty.
Möglicherweise liefert auch dies einen Erklärungsansatz dafür, dass er seine tiefe Liebe zu einer Kultur so oft betont, in der er sich offensichtlich nicht angekommen fühlt. Was um so mehr überrascht, denn was Macklemore hier vorlegt ist ehrlicher, authentischer und poplastiger Rap. Mal nimmt er sich als Party-Rapper wahr: "Get on the floor, do it!" Keiner mit einem wenig Rhythmus in den Hüften kann dem widerstehen. Ryan verpasst dem Song unwiderstehliche, finger-clapping Coolness.
An anderer Stelle spielt Macklemore seine Stimmlage aus, prangert wütend, laut, später wieder bedächtig den ungehinderten Medikamenten-Konsum an und erzählt vom Schicksal seines 2010 an einer Überdosis gestorbenen Freundes "Kevin". Das geht unter die Haut.
Haggerty findet auch Platz für weniger tiefgreifende und doch auf der Hand liegende Phänomene: die kulinarische, in den U.S.A. oft fetttriefende Versuchung. Mit einem Augenzwinkern beschreibt er Neujahrs-Vorsätze, abgelaufene Fitness-Studio-Abos und den Reiz von Käse-überbackenen Tacos: "Let's Eat". "Happy New Years / Everybody got a resolution / But the next day, we forget about it, never do 'em / I went to the gym and got a membership / Five minutes on the treadmill and I never lift / That was four years ago I should probably cancel this."
Seinen Humor stellt er auch an anderer Stelle unter Beweis. Als "Brad Pitt's Cousin" mimt er die Hip Hop-Arroganz und stellt fest: "Every white dude in America went to the barber shop: 'Give me the Macklemore haircut'." Der Beat beginnt etwas verstörend, mausert sich später aber zu einem eingängigen Ungetüm, das voller Überraschungen steckt und an jeder Ecke mit kleinen Frickeleien und Wendungen aufwartet. "I treat the beat just like a pussy / And I eat it up and beat it up and leave it fucked."
Ryan Lewis zimmert dem charismatischen Frontmann ein musikalisches Gehäuse zusammen, das dem von "The Heist" ähnelt, aber in letzter Konsequenz doch ausgereifter, durchdachter und noch eine Spur vielfältiger klingt. "Ein elementarer Unterschied zwischen diesem und dem letzten Album sind die Ressourcen, die uns zur Verfügung standen. Wir konnten allen Ideen nachgehen, die wir hatten und herumprobieren. Uns waren viel weniger Grenzen gesetzt", erzählt der Mann hinter den Reglern dem Complex Magazine. Er drückt den Beats seinen ganz eigenen Stempel auf, klingt auf seine Weise modern und zugleich poppig, melodiös und, wenn es nötig ist, auch melancholisch.
Ob man mit Macklemores Gesellschafts-veränderndem Ansatz nun etwas anfangen kann oder ihn aufgrund der Pop-Songs für heuchlerischen Blödsinn hält, bleibt jedem selbst überlassen. Hip Hop und politische Themen jedoch gehen schon immer Hand in Hand, ebenso wie Chart-Erfolge dazugehören. Das Besondere an Macklemore ist, dass er gewissenhaft und selbstkritisch damit umgeht und sich nicht über andere stellt. Diese Reflektiertheit birgt mehr Authentizität als ihn die (vermeintlich) falsche Hautfarbe kosten könnte.
"White supremacy isn't just a white dude in Idaho / White supremacy protects the privilege I hold / White supremacy is the soil, the foundation, the cement and the flag that flies outside of my home / White supremacy is our country's lineage, designed for us to be indifferent / My success is the product of the same system that let off Darren Wilson - guilty."
7 Kommentare mit 22 Antworten
4/5... Ich feier White Supremacy II mega ab und find es mutig sowas als weisser Rapper anzusprechen. Sonst paar echte Banger wie Light Tunnels, Need to know & Kevin... Absolut solides zweites Album mit viel gesellschaftlicher Ambition
5/5 Albung des Jahres, ich ride hart den Cock, größter Fanbwoi der Welt, Sodi hat es gewusst!!!
jetzt mal ohne scheiss, pumpst du den kram wirklich?
er pumpt den Shit mehr als Klempner, Craze Lewis ist die nächste Zeit hier freigestellt
Als ob, was geht bei dir?
Lauti, du und der Toriyamafan sind die Einzigen hier, die fleißig Wack MCs feiern!
Craze kauft die Macklemore im Apple-Store und hat ne Reitbeteiligung am Start
Ungehört 0/5, alleine schon wegen der beiden Singles des vorherigen Albums, deren Nervfaktor jegliche Grenzen übersteigt.
Dummer Kommentar. Erstens waren die beiden Singles sehr gut, zweitens haben sie rein gar nichts mit diesem Albung zu tun.
Wie es wieder klar war, dass Toriyamafan den mick hier gut findet.
Wie kann man ein Lied, welches mit folgenden Zeilen endet, nicht nervig finden?:
And so we put our hands up
And so we put our hands up
Na na na na, na na na na
Hey-ee ay-ee ay-ee ay ay-ee ay-ee, hey
And all my people say
Na na na na, na na na na
Oh-oh-oh-oh-oh-oh, oh-oh-oh-oh-oh-oh
And all my people say
Mack-le-eh-eh-eh-eh-more!
Hab den track live gesehen. Etwas vom besten Livematerial von übersee.
Bist du eigentlich ein Troll?
Zwar immer noch interessanter als Mac Miller und Konsorten, aber geht im Endeffekt halt einfach komplett an mir vorbei. Weiß nicht, wie ich dazu käme, so etwas zu hören - außer irgendeine Olle spielt es mir vor oder zitiert den Kram in ihrem Profil & ich google die Textzeilen dann, um im Sommer zu punkten.
Nützt nix. Ob er es nun ehrlich meint, oder nicht: Es ist und bleibt bemüht, was er da macht.
Sicher auf eine gute, begrüßenswerte Weise bemüht.
Aber eben bemüht.
Ein Comeback?
Was heißt hier Comeback, ich war ja nur 6 Jahre weg.
Du musst jetzt erstmal 6 Jahre lautuser Wahnsinn aufholen. Warst ja auch ein riesiger Fan von ihm, wenn ich mich recht entsinne.
Vor 6 Jahren..als sich Rainer ständig für das neue "Design" rechtfertigen musste
@Craze: Poah, du, hmmm. Nee. Weiß nicht so recht.
@Garret: Hehe, ich entsinne mich. Hatte tatsächlich über einige Jahre die Userzahlen regelmäßig verfolgt. Hat sich da mittlerweile etwas getan? So richtig ausgestorben ist die Forentechnologie ja seitdem nicht.
lauti driftet auch gefühlt mit jeder Reinkarnation mehr in Richtung Wahnsinn ab...Alter und Drogen spielen da mMn eine entscheidende Rolle. Ich vermute, dass Volker Beck sein Dealer ist/war...der mag ja auch Saugnäpfe!
Beinahe beruhigend, wie sich manche Dinge nie zu ändern scheinen.
Ausgestorben ist sie nicht, ja. Sie hat sich eher auf die eine Art aufgespalten, dass einiges privat über den Webchat läuft und gerade auf der Seite hier die verbliebenen Member noch enger zusammengerückt sind, was auch den Austausch untereinander betrifft
Ich meinte jetzt generell das Medium "Onlineforum". Hat sich erfreulicherweise eine eigene kleine Ecke in der Web-Welt konsumiert, auch wenn häufig sicher das Label "Special Interest" drüberhängt.
Auf Laut bezogen: Freut mich zu hören! Stimmt, in diesem Webchat war ich auch mal ein paar Tage - war mir am Ende aber zu rough.
"konsumiert"?
Alter, Maul. "Konserviert" natürlich.
Der Webchat hat nur ein Problem: Man weiß nicht immer mit wem man wirklich schreibt und ich habe keine hellseherischen Fähigkeiten um hinter jeden nicht authorisierten Member das laut-Äquivalent abzuleiten
Stimme dir voll und ganz zu, es bleibt eben auf dem Niveau des Vorgängers schön das du wieder zurück bist.
Welcome Back, Scari!
@Garret: Joa, auch das. Irgendwann ist mir die Nummer zu verwirrend geworden.
@TheForce9: