laut.de-Kritik
Abgeschliffene, seelenlose Massenware.
Review von Thomas HaasUnvoreingenommen drücke ich auf Play. Vielleicht haben sich Madcon dieses Mal auf die Musik statt die Verkaufszahlen besonnen. "Put your hands in the air and say yeah (yeah)/ I'm finally here." Okay, das wird dann wohl doch wieder nichts. Alle Vorbehalte tauchen urplötzlich wieder auf, ich kann nichts dagegen unternehmen. Meine Freude über Madcons Rückkehr sinkt exponenziell. Schon die Tatsache, dass auf dem Albumcover alle "Special Guests" aufgelistet sind, gibt ein bezeichnendes Bild des Duos ab.
"We're gonna party tonight", heißt es gleich im Opener "Say Yeah". Oh, eine schöne Radio-Party wird das werden! Jugendliches Freiheitsgefühl, Abfeiern mit allen Freunden: Radio-Single Nummer eins? Check. Das bereits bekannte "One Life" mit Gaststar Kelly Rowland kommt ähnlich plastisch daher. "You're only getting one life, so live it up." Ja, ja. YOLO.
Danach wirds emotional. Gefühlsschwangerer Piano-Loop, kitschige Hook in "Unbreakable". Was man hier jedoch positiv anmerken muss: Dieser Yosef kann rappen. Zwar nicht besonders überragend, aber dennoch ganz passabel. Das eigentliche Unheil richtet Tshawe mit seinen unsäglichen Hooks an. Gefühlt hat er auf den bisherigen drei Songs schon 300 Mal "Yeah!" eingeworfen. Kein Zweifel, dass das Ganze trotzdem prächtig in allen Mainstream-Medien funktionieren und bei den Radiostationen des Landes rotieren wird.
Bemerkenswert witzig ist die Tatsache, dass man verschiedenen Songs einfach mal auf die Schiene des Gastes aufspringt. Snoop Dogg ist nämlich seit Neuestem Snoop Lion und macht Reggae. Und Madcon? Na, die können das schon lange.
Wenn Rick Ross auf einen Gastsechzehner vorbeischaut, erinnert man sich plötzlich an seine urbanen Wurzeln. Der erneut nervtötenden Hook zum Trotz fällt wieder auf: Yosef rappt gut und brilliert mit einem Doubletime-Part, mit dem er sich keinesfalls zu verstecken braucht.
Sobald einen aber das kurze Gefühl beschleicht, hier könne sich irgendetwas doch noch um die Musik drehen, bekommt man doppelt und dreifach das seelenlose Gegenteil serviert. Entweder geht es straight mit Techno-Beat in den Club ("In My Head", "Where Nobody's Gone Before", "Drifting Apart"), oder es läuft auf abgeschliffene, radiotaugliche Massenware ("The Signal", "Mirage") hinaus.
Die böse Majorlabel-Industrie streckt ihre Tentakel aus und jagt Madcon quer durch die Vermarktungsmaschinerie, und das ganz sicher mehr als einmal. Dass da irgendwo trotzdem noch Potenzial schlummert, blitzt auf, wenn Yosef zu seinen Raps ansetzt. Ansonsten kann man von diesem Album getrost die Finger lassen.
1 Kommentar
Bei Beggin' dachte ich damals tatsächlich, eine interessante Band entdeckt zu haben.
Frei nach der Verfilmung des Hobbits: "I have never been so wrong"