laut.de-Kritik
Zwischen Optimismus und Kopfschütteln.
Review von Alexander AustelWer mag, kann das zynische O der Orsons schon als komischen Kauz bezeichnen. Das könnte daher rühren, dass Maeckes kein sehr zugänglicher Künstler ist, keiner, der sich leicht durchschauen ließe. Im Gegenteil: Der Wahl-Berliner setzte in der Vergangenheit gerne auch mal da eine Snare, wo man sie nicht erwartete, oder zerschoss anderweitig gewohnte Songstrukturen. Dass man sich so nicht greifbar macht, liegt auf der Hand.
"Tilt" dagegen wirkt insgesamt runder als die Vorgängerscheiben. Die Platte hinterlässt den Eindruck, als sei der Künstler doch nahbar und auch nur ein Mensch wie du und ich. Dann allerdings wirft er im Titeltrack immer wieder die Frage auf: Wer ist eigentlich dieser Maeckes? Fest steht: "Ich bin nicht Maeckes, nur seine deutsche Synchronstimme."
Um der Unruhe Berlins zu entkommen und sich voll aufs Schreiben zu konzentrieren, fuhr Maeckes mit Tristan Brusch nach Dänemark. Dort schlossen sie sich bei Lagerfeuer und mit einer Akustikgitarre bewaffnet ein und komponierten. Später kam dann noch Äh, Dings (nein, ich leide noch immer nicht an einer Störung der Gedächtnisleistung - dieser Künstler nennt sich wirklich so. Google it!) dazu, der ebenfalls am Album mitwirkte. Vielleicht ist es ja der Abgeschiedenheit geschuldet, dass sich die Scheibe vor allem um Maeckes' Inneres dreht. Oder dem der Künstler-Person Maeckes, die er, wie er nicht müde wird zu betonen, eben gar nicht ist.
Die Platte startet direkt mit einem Gedankendreher: "Der Misserfolg Gibt Mir Unrecht". Hä? Maeckes versteht die Welt so wenig wie ich diesen Titel. Macht nix, denn ich kann mich an um die Ecke gedachten Textzeilen à la "Ich will mit allem aufhören und weiß nicht, wo ich anfangen soll" oder "Liebe gibts wie Sand im Getriebe" erfreuen. Der rockig anmutende, im letzten Drittel sogar gerufene Refrain bereitet den Hörer auf die Eigenart dieser (Rap-)Platte vor: Sie ist anders, enthält zwar akustische Momente, aber nicht so prägnante wie bei "Hallo Musik", und lebt eine ganz eigene Idee von Musikalität aus.
"Gettin' Jiggy With It" scheint die poppige Eingängigkeit gepachtet zu haben. Die Single überzeugt farbenfroh mit einem kopfnickenden, melodiösen Fingerschnipp-Beat, der besonders bei herbstlicher, untergehender Sonne an der Spree mit Bier in der Rechten und der Hübschen in der Linken prima funktioniert. "Das Beste auf der Welt sind wir Menschen, und das Schlechteste sind wir auch." Ist leider so. Trotzdem macht der Track Spaß und besticht mit der vordergründigen Leichtigkeit.
Bei der Prämierung des Tracktitels des Jahres ist auch dieser hier ein Kandidat fürs Siegertreppchen: "Wie Alle Kippenstummel Auf Den Bahngleisen Zusammen". Ja, auch hier zunächst: Hä? Maeckes besingt über einem leicht sprunghaften, dann aber doch geschmeidig durch die Luft gleitenden Beat, wie ihn seine einstige Flamme versetzte: "Ich wartete so lang wie alle Kippenstummel zwischen den Bahngleisen zusammen." Wer regelmäßig Bahn fährt, weiß, dass das einer Ewigkeit entspricht. Ein schöner Song über Liebeskummer und den Zweifel daran, ob sich die Erde auch ohne die Eine weiterdrehen wird.
Von einem ähnlichen Schauplatz erzählt auch "Kreuz". Er trifft seine Teenie-Liebe im Müller beim CD-Regal, sie verabreden sich, quatschen nächtelang auf dem Balkon, bevor es zunächst kompliziert und dann eben doch nichts wird. Die Streicher und die Akustikklampfe schmachten gemeinsam mit. Vielleicht ist das sogar ein bisschen zu viel des (Teenie-)Gefühls. "Irgendniemand" wirkt dann ebenfalls trotz der ernsten Thematik im Refrain so cheesy, dass der Käse Schimmel ansetzt.
Wir, die über das Album schreiben sollen, bekamen als Ankündigung folgenden Text vor die Nase gesetzt: "Tilt ist das Gefühl wenn nichts mehr geht. Tilt ist die Stagnation, der Moment an dem alle Gesetze nicht mehr gelten, in dem die Kugel im Flipper unbeeinflusst nach unten rollt. Man nicht mehr eingreifen kann, weil man davor zu stark eingegriffen hat. Tilt ist die Ohnmacht. Tilt ist aber auch das Gefühl, wenn man genug hatte, wenn alle Kanäle voll sind, wenn man die gesittete Haltung aufgibt und völlig ausflippt." Hä?
Als ich ihm seinen eigenen Pressetext vorlegte, meinte Maeckes, "Tilt ist wie der Flipper, auf den man zu stark dagegen gehauen hat und nichts mehr geht. Beim Poker zum Beispiel ist Tilt einfach irrational handeln. Man ist überfordert von der Situation und trifft nur noch irrationale Entscheidungen. Dieses Gefühl, gewürzt mit ein bisschen Ohnmacht, steckt in diesem Album."
Zusammenfassend könnte man auch festhalten, dass uns das Orson-Viertel über 14 Tracks in seine Gedankenwelt führt, er von alten, unerwiderten Liebschaften erzählt und versucht, seine Mitte zwischen Optimismus und Kopfschütteln zu finden. Das alles kleidet er in ein Gewand aus Lagerfeuer-Rap, der all denen bestens taugt, die Inhalte statt Proll-Ansagen im Hip Hop suchen. Da in Maeckes auch immer ein kleiner Philosoph steckt, denkt er auch über Veränderungen und Beständigkeiten des Lebens nach: "Damit alles so bleibt wie es ist, musst du nur sehr schnell an der Tischdecke ziehen."
9 Kommentare mit 13 Antworten
1/5, weil Orsons-Mitglied. Alleine schon wegen KIIIIIIIISCHTÄÄÄÄÄ hasse ich die Bande abgrundtief.
Mit D. Schwäbisch ist eine sehr weiche Sprache: KIIIIIISCH-D-EEEEEE. Beschder Song evor! ♥
Schwäbisch ist doch keine Sprache! Soweit kommt es noch!
Was labersch du?! Heb das mal eben!
Schwäbisch ist das Sächsisch des Westens. So sieht es aus.
Naja, abgesehen davon, dass wir halt kein Failed State sind wie die Össen.
Naja kann nur an der tief schwarzen Regierung seit der Wende liegen. Da ist Staatsversagen vorprogrammiert. Wegen dem bissel Fremdenfeindlichkeit ein Fass aufzumachen, ist halt auch typisch Empörungsjournalismus. Wer halt keine anderen Probleme hat...
Ich wohne in BaWü, ich habe keine anderen Probleme.
Ihr Ossis seid einfach ein Schandfleck, das muss man so klar sagen...
Sind die Schwaben nicht dafür bekannt Poppel zu Fressen und sich schön nachem Sackkraueln an der Hand zu schnuppern? Ach ne, das waren die Badener. Naja ein und derselbe Schlag.
Jetzt hört's aber auf, du Strolch.
Gibts einen Unterschied zwischen Ossis und Schwaben? Das wäre mir neu.
Musik für Gemüsekaschemmen
< >
Als wären wir Freunde war nicht schlecht, White Trash ist ein Klassiker, seit längerer Zeit schon ist aber dieses ganze Chimperator Ding gar nichts mehr für mich...
https://youtu.be/yI_q5RcCc74
... Unverständnis meinerseits für diese Kritik.
Hier hat wohl jemand das Album nicht verstanden oder vielleicht sogar nicht mal wirklich selbst gehört!
Wenn man für "Kreuz" lediglich die Worte Teenie-Schmacht-Song übrig hat... Ernsthaft, hat der Verfasser das Lied gehört?! Und nachdem man diesen Song gehört hat müsste einem auch spätestens aufgehen, warum das Album "Tilt" heißt und vor allem was Maeckes selbst mit der Beschreibung meint. Nix Hä! Eher Aha, wenn man zuhören kann!
Für mich persönlich wohl das beste Album 2016. 5/5! Und Live auch ein absoluter Abriss!
Beste Tracks:
Tilt!
Getting Jiggy with it
Urlaubsfotograf
Wie alle Kippenstummel zwischen den Bahngleisen zusammen
Die Alpen
Kreuz
Irgendniemand
Loser