laut.de-Kritik
Romantische Lyrik und verborgene Leidenschaften.
Review von Daniel StraubMit "Sin Songs, Torch And Romance" hat sich Marc Almond einen Herzenswunsch erfüllt. Soviel ist schnell gewiss, hat man die DVD erst einmal in den Player eingelegt. Die oft gehörten Klassiker von Soft Cell sucht man hier genauso vergebens, wie die großen Hits, die Marc Almond in seiner 20-jährigen Solokarriere geschrieben hat. Stattdessen lenkt der exzentrische Brite den Blick beziehungsweise das Ohr zu seinen Wurzeln, Vorlieben und verborgenen Leidenschaften.
"Sin Songs" eben, auch wenn sich der sündige Charakter stark in Grenzen hält und fast ausschließlich auf der textlichen Ebene zu finden ist. Den Auftakt der in zwei Akte unterteilten DVD machen schwermütige Interpretationen russischer Stücke. Stets seiner Vorliebe für romantische Lyrik und Musik folgend, widmet Almond die ersten sieben Stücke von "Sin Songs, Torch And Romance" seinem zweijährigen Russland-Aufenthalt. Auf dem Album "Heart On Snow" zeigte er bereits, wie gut sein künstlerisches Schaffen und die Melancholie russischer Kunst sich gegenseitig ergänzen. Die Intimität des Londoner Almeida Theaters ist der passende Rahmen für diese ganz spezielle Performance aus dem Jahr 2004.
Nur langsam weicht die Schwermut während des ersten Aktes aus den Songs von Marc Almond. Selbst Coverversionen wie Lou Reeds "Caroline Says" oder Bowies "Rock'n'Roll Suicide" interpretiert er stets noch eine Spur dramatischer als das Original. Erst mit Jacques Brels Hit "Amsterdam" öffnet sich die Performance dem Publikum. Erst dann sucht Marc Almond den Kontakt zu seinen Zuhörern, verlässt seine Bühnenwelt und taucht ein in die neobarocke Atmosphäre des Almeida Theaters.
Konsequenterweise eröffnet "A Lover Spurned" den zweiten Akt der DVD. Auf ein zartes Synthie-Fundament gebettet, klingen hier dezent Soft Cell an. Größtenteils lebendiger als die erste Hälfte, ist auch der zweite Teil vom Soft Cell-Partysound weit entfernt. Stattdessen gibt es mit Charles Aznavours "What Makes A Man" ein heimliches Highlight und mit Bert Kämpferts Riesen-Hit "Strangers In The Night" einen ausgewachsenen Klassiker, bevor ganz am Ende das Publikum bei der Soft Cell-Nummer "Say Hello Wave Goodbye" eine Kostprobe seiner Textsicherheit geben darf.
Wem das noch nicht genug ist, der findet im Bonusteil zu "Sin Songs, Torch And Romance" ein 25-minütiges Interview mit Almond. Lebhaft gestikulierend, mit Leidenschaft im Blick und Humor im Geist zeigt der Brite, dass er nicht nur auf der Bühne ein begnadeter Performer ist. Als augenzwinkernder Bonus wartet im Anschluss noch ein rund 20-minütiges "Dress Rehearsal" auf Die Hard-Fans. Bei "Sin Songs" können jedoch auch alle anderen, die Marc Almond nicht nur für seine Soft Cell-Hits lieben, mit ruhigem Gewissen zugreifen.
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