laut.de-Kritik

Endzeitstimmung ade: Wärmendes für den Berghainer Beton.

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Die Berliner Clubinstitution Berghain läutet die Sommersaison 2010 ein. Wie das klingt, zeigt Resident-Discjockey Marcel Dettmann mit seinem ersten Albumrelease. Der ansonsten schwer dunkle Sound, den der Club und alle mit ihm assoziierten DJs und Produzenten pflegen, erhält bei "Dettmann" nun eine ungewohnt leichte Note.

Mit warmen Sounds, reduziertem Tempo und einer in dieser Deutlichkeit bislang nicht zum Ausdruck gebrachten Leidenschaft für Melodien nimmt Marcel Dettmann eine vorsichtige Neuausrichtung seines musikalischen Schaffens vor.

Bislang verkörperte er in seiner Rolle als Berghain-Resident der ersten Stunde die rohe Techno-Philosophie, die dort jedes Wochenende auf dem Main-Floor gepflegt wird. Einen guten Eindruck davon, welchen Groove der DJ Marcel Dettmann gerne auf die Tanzfläche bringt, gibt sein 2008 eingespieltes Set "Berghain 02".

Die Tracks sind in ihrer Ästhetik durchweg reduziert, spröde und unterkühlt. Auch bei seinen Produktionen fröhnte Dettmann seit seiner Debütmaxi 2006 gerne einer industriellen Endzeitstimmung, sei es nun auf Ostgut Ton oder auf seinem eigenen Label MDR.

"Dettmann" markiert in dieser Hinsicht eine Zäsur. Zwar fühlen die zwölf Tracks sich in einer Umgebung aus Beton hörbar wohl. Der pulsierend gleichförmige Rhythmus der Bassdrum und die metronomische Präzision der Hi-Hats verströmen ein maschinelles Flair, das direkt an Dettmanns bisherige Veröffentlichungen anknüpft. Während die Form gewahrt bleibt und für Kontinuität steht, geht der Berliner beim Klangdesign dafür neue Wege.

Die Basssounds kommen durchweg weich gefedert daher und öffnen Dettmanns neue Tracks in Richtung Dub-Techno, wie beispielsweise bei "Drawning". Zudem spielen die Stücke mit den unterschiedlicher Klangebenen, was einerseits Leichtigkeit mit sich bringt und ihnen andererseits eine zusätzliche Tiefe verleiht.

Beides kannte man von den früheren Releases von Marcel Dettmann in dieser Form nicht. Die wirkten mitunter etwas verkrampft, definierten sich zu arg über ihre Haltung und zu wenig über ihren Sound. Das hat sich mit "Dettmann" definitiv geändert.

Marcel Dettmann schafft es mit den zwölf Stücken seines Debütalbums die Erwartungen, die das Publikum an einen Berghain-Resident hat, zu erfüllen. Gleichzeitig ruht er sich als Produzent nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern entwickelt sich einen guten Schritt nach vorne.

Trackliste

  1. 1. Quasi (Intro)
  2. 2. Argon
  3. 3. Screen
  4. 4. Motive
  5. 5. Drawning
  6. 6. Reticle
  7. 7. Irritant
  8. 8. Captivate
  9. 9. Silex
  10. 10. Home
  11. 11. Viscous
  12. 12. Taris (Outro)

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