laut.de-Kritik
Sechsmal unplugged, einmal AC/DC.
Review von Michael SchuhOch nö, liebe BMG-Leute, hat sich nach der Fusion mit Sony jetzt ein bisschen Torschlusspanik im Finanzsektor breit gemacht, oder wie? Zwar erscheint "1.22.03 Acoustic" etwas zu spät fürs Weihnachtsgeschäft, dafür sind Maroon 5, die musikalische Gelddruckmaschine der vergangenen Saison, aber immerhin frisch mit Grammy-Ehren ausgestattet.
Also schnell raus mit einem Unplugged-Album. Album? Blöderweise standen nur sechs Songs zur Verfügung, aber hey, dann legt man halt einfach noch einen Kracher von der letzten Tournee mit dazu, dann hat man schon sieben, und der Kaufgrund sollte doch bitteschön legitimiert sein.
Dass es sich bei dem Bonustrack ausgerechnet um "Highway To Hell" handelt, die AC/DC-Zugabe und gleichzeitig der lauteste Moment der Maroon 5-Liveshow, zeugt leider auch nicht von gesteigertem Interesse an einer stimmigen Kompilation. Aber Schwamm drüber, 500.000 US-Käufer können nicht irren.
Oder doch? Braucht ein Normalsterblicher tatsächlich akustische Versionen von Maroon 5-Songs, zu denen sich besinnlich schunkeln und kuscheln lässt, obwohl sich dies doch schon mit den Originalen ganz gut machen ließ? Nein. "1.22.03 Acoustic" richtet sich ausschließlich an den Fan, und auch der muss sich ob der Lieblosigkeit der Aktion ziemlich verschaukelt fühlen. Aufgenommen vor fast genau zwei Jahren (oder ist das vielleicht der Grund der Veröffentlichung?) orgeln sich die Senkrechtstarter in der Hit Factory in New York vornehmlich mit Akustikgitarren durch ihre drei Single-Hits "Harder To Breathe", "She Will Be Loved" und "This Love", alles natürlich ein bisschen langsamer und verschmuster.
Dabei hat Sänger Adam Levine (trotz herrlicher Cover-Schweißflecken) genug Zeit zum Verschnaufen, und das kommt seinem live doch oftmals arg beanspruchten Organ auch entgegen, wenngleich seine Stimme im ruhigen Reigen auf Dauer etwas Kermithaftes entwickelt. An der musikalischen Umsetzung ist nichts auszusetzen, die schönsten Momente bieten die Mitgröhlnummer "Sunday Morning" mit akzentuierten Basstupfern und schickem Piano/Percussion-Break, oder "The Sun", das in dieser Version auch beinahe von Travis stammen könnte.
Mit den Beatles hatten es Maroon 5 live ja auch schon, doch statt "(I Want You) She's So Heavy" präsentieren sie hier lieber eine wimmernde Version der Lennon/McCartney-Ballade "If I Fell". Endgültig Schluss mit besinnlichem Schunkeln und Kuscheln ist selbstredend beim Live-Spaß "Highway To Hell" vom Hamburg-Konzert 2004 mit Stamm-Drummer Ryan Dusick am Mikro. Verliebte sollten sich daher vor Einsatz der heimischen Romantik-Runde auf alle Fälle mit der "Program"-Taste bekannt machen, bevor Dusick seinen australischen Charme spielen lässt. Den Eindruck, dass mit "1.22.03 Acoustic" einfach nur der Geldhahn ein bisschen weiter aufgedreht werden soll, kann auch sein an sich stattlicher Krächzvortrag nicht verdrängen.
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