laut.de-Kritik
Die Drama-Queen in stimmlicher Hochform.
Review von Veronika AchatzMan möchte meinen, bei Mary J. Blige sei alles Friede, Freude, Eierkuchen. Sieben erfolgreiche Alben und unzählige Preise, darunter den "Women's World Award", verbuchte sie in ihrer 15-jährigen Karriere bereits. Hinzu kommt, dass sie mit ihrem Ehemann Kendu Isaacs seit vielen Jahren glücklich ist. Nur um mal einige Dinge aufzuzählen, die bei der Soul-Diva optimal laufen.
Und doch: Obwohl sie schon im Titel ihres fünften Albums "No More Drama" den Frieden suchte, scheint Mrs. Blige noch immer nicht rundum zufrieden zu sein. "As long as I'm a human being and I'm not perfect, I'm able to say I'm having some growing pains", sagte Mary zum Beispiel kürzlich zu MTV. Um so besser, denn angeblich wächst ja die Qualität des kreativen Outputs eines künstlerisch Schaffenden direkt proportional mit der Anzahl seiner Probleme.
Und so wühlte die Queen of Hip Hop Soul für ihr neues Album wieder in gewohnter Manier in der Sorgenbüchse. Und die ist bei Mrs. Blige wahrlich nicht klein. Sie gräbt in den Abgründen ihrer Vergangenheit und befördert Selbstzweifel, Alkoholprobleme und Unsicherheiten zu Tage. Herausgekommen ist ein Album, das Mary erneut in stimmlicher Hochform zwischen Verzweiflung, Wut, Weisheit und Resignation zeigt.
Auch ansonsten ist alles beim Alten. Für die Beatbastelei besorgte sie sich wie immer den ein oder anderen talentierten Kollegen. Ne-Yo, Dre & Vidal, The Neptunes und Timbaland ließ sie unter anderem an die Regler, um ihr wieder vermehrt eigene Sounds auf den Leib zu schneidern. Anstatt wie auf "The Breakthrough" u.a. auf Nina Simone-Samples aufzubauen.
Ludacris hinterließ seine Handschrift in "Grown Woman", dem einzigen Song auf dem Album, der mit seinen straighten Hip Hop-Beats eindeutig aus dem Rahmen fällt. Spätestens mit den klaren Ansagen auf diesem Track dürfte jedem Pop- und R'n'B-Sternchen klar werden, dass Mary in einer anderen, einer höheren Liga spielt: "I keep it covered up 'cause I'm a lady. I know how to show a little somethin'. You can't see what's under that 'cause I'm a grown woman", stellt sie klar.
"Growing Pains" vereint ein Best Of Blige: Große Balladen ("What Love Is", "Hurt Again"), wie sie auf dem Vorgänger "The Breakthrough" leider abgesehen von "Be Without You" wenig vertreten waren und bei denen Mary das macht, was sie eben am besten kann: Singen. Egal ob auf Dancefloor-geeigneten Girl Power-Hymnen ("Work That") oder auf mit Synthiefragmenten versetzten R'n'B-Perlen ("Feel Like A Woman").
Leider findet man unter den insgesamt 16 Tracks dann doch einige Filler, wie etwa die Vintage-Discohymne "Til' The Morning", die Mary einfach nicht so richtig stehen will oder das unerträglich schwülstige Kitsch-Duett "Shake Down" mit Usher. Der unglaublich starke Ausstieg "Come To Me" ist dafür aber fast mystisch schön und entschädigt für den ein oder anderen durchschnittlichen und belanglosen Song auf dem Album.
"The drama will not last forever" heißt es dann wieder zuversichtlich im Titeltrack "Work In Progress (Growing Pains)". Versteh mich nicht falsch, Mary. Es ist nicht so, dass ich dir noch mehr Sorgen wünschen würde. Aber wenn es das ist, was du brauchst, um weiterhin so emotionsgeladene Musik zu machen, dann bitte auch für das nächste Album wieder: Ganz viel Drama.
29 Kommentare
Wie schafft es diese Frau auf jedem Cover scheiße auszusehen???
@The|SquaLL (« Wie schafft es diese Frau auf jedem Cover scheiße auszusehen??? »):
wie schafft es diese frau sieben erfolgreiche alben zu veröffentlichen???
Ja klar, das auch.
Trotzdem finde ich gerade ihre Frisuren auf so gut wie jedem Album schrecklich, sie macht sich dadurch hässlich, dabei sieht sie ja eig. richtig toll aus.
Jaja, die alten Zeiten
sowas ist natürlich gute musik. rnb ist allgemein musik für intellektuelle siehe akademiker
Firmi
Naja.. Mary hat gerade in den ersten Jahren ihrer Karriere grandiose Tracks und Wahnsinns-Features abgeliefert, dann ging es stetig bergab mit ihr (meine Meinung) und ist seit spätestens diesem Album nicht mehr relevant für mich.
Wenngleich sie natürlich eine geile Stimme hat und sehr gut singen kann.
RnB ist allgemein eher zweifelhaft zu betrachten, da es SEHR viele schwarze Schafe in dem Bereich gibt, aber freilich gibt es auch formidable RnB-Sachen. Und Musikkonsum oder bestimmte Genres (Klassik evtl. mal ausgenommen) hat NIE etwas mit dem Bildungshintergrund des Rezipienten zu tun, da kann man kaum Schlüsse ziehen, selbst ich nicht.