laut.de-Kritik

Setzt Brann Dailor ein Denkmal!

Review von

Kann mit so einem abgefahrenen, geilen Frontcover eigentlich noch irgendetwas schief gehen? Nicht, wenn auch noch "Mastodon" drauf steht, sollte man denken. Die Erwartungen an "Once More 'Round The Sun" wuchsen in den Himmel. Teilweise erfüllen die Sludge-Progger diese auch. Nur leider beweisen sie ebenso, dass sie nicht alles, das sie anfassen, in pures Gold verwandeln.

Etwas wirklich Neues zeigen Mastodon auf Album Nummer sechs nicht. Lange Zeit lassen die Tracks den Punch von "Leviathan" oder "Crack The Skye" vermissen. "Once More 'Round The Sun" mutet zunächst wie Volbeats "Outlaw Gentlemen & Shady Ladies" an: bewährtes Rezept, immer noch durchweg gute Songs, die aber insgesamt nicht mehr ganz so frisch schmecken wie einst.

Klar, die Riffs knallen wie eh und je. Sowohl Gitarren- als auch Vokalmelodien bleiben über jeden Zweifel erhaben, und das Schlagzeugspiel ist schlichtweg phänomenal. Brann Dailor gebührt für das, das er hier abliefert, ein verdammtes Denkmal! Von vorne bis hinten holt er das absolute Maximum aus sämtlichen Gitarrenriffs heraus und pusht sie statt nur einer gleich zwei oder drei Stufen nach oben. Besser gehts nicht!

Es braucht jedoch fast ein paar Durchläufe zu viel, bis es endgültig "klick" macht und "Once More 'Round The Sun" aus dem übermächtigen Schatten seiner Vorgänger heraustritt. Doch irgendwann erwacht das Krabbelalien auf dem Artwork, bäumt sich auf und schlägt dir mit ungeheurer Kraft ins Gesicht.

Mastodon hüllen ihre Kompositionen wie gewohnt in ein dichtes Klanggewitter. In bester Sludge-Manier pampen sie alle Zutaten in einem Topf zusammen und errichten eine Wall Of Sound, die es in sich hat. Im Gegensatz zu "The Hunter" integriert das Quartett wieder mehr metallische Elemente. Das Tempo ist fast durchgehend hoch, nur vereinzelt schalten die Songs einen Gang runter.

Ein merkwürdiges Zwitterwesen erschafft die Band mit "Aunt Lisa". Ein ausuferndes Tonleiterlick entwickelt sich bald zur rockigen Strophe, die wiederum in einen pulsierenden Synthie-Strom mündet. Plötzlich kämpfen sich aus der Tiefe aggressive Kreischvocals empor. Zu guter Letzt fängt dann ein weiblicher Sangesgast an, abgestandene Gangshouts zu proklamieren. Wem das gefällt: bitteschön.

Als einziges Lied verzichtet "Asleep In The Dark" komplett auf rasende Eruptionen, markiert gleichzeitig aber auch einen der Höhepunkte von "Once More 'Round The Sun". Psychedelisch geraten die schnelleren Tracks zwar auch, das Kernstück setzt in dieser Hinsicht allerdings noch einen drauf. Es wabert, die Bässe dröhnen, ein schwebendes Gitarrensolo gipfelt in mehrstimmigem Gesang.

Ähnlich sphärisch beginnt und endet das unmittelbar vorangehende "Chimes At Midnight". Im Mittelteil geht es dafür ordentlich zur Sache. Häufig doppeln Gitarre und Bass das Hauptriff, was diesem zusätzlichen Biss verleiht. Kurz vor Ende des Songs leiten Drums und Leads in einen schwer groovenden, fast doomigen Part über, bevor die Anfangsharmonie den Kreis schließt und demonstriert, dass manchmal auch Fade-Outs durchaus ihre Berechtigung haben.

Die besitzen auch Mastodon mit ihrem sechsten Album. Mit "Once More 'Round The Sun" haben sie ein Monster geschaffen, das nahtlos an frühere Glanztaten anschließt. Mir persönlich gefiel zwar die etwas rockigere, entspanntere Ausrichtung von "The Hunter" besser. Neu erfinden sich die vier Musiker mit dem aktuellen Material auch nicht (eher machen sie einen Schritt zurück und "The Hunter" ungeschehen). Doch wenn der Knoten einmal geplatzt ist, nistet sich der Insektenschwarm auf dem Plattenteller ein und gebiert eines der bislang besten Alben des Jahres.

Mit Tante Lisas "Hey-ho, let's fucking go!"-Rufen kann ich mich trotzdem (noch) nicht anfreunden.

Trackliste

  1. 1. Tread Lightly
  2. 2. The Motherload
  3. 3. High Road
  4. 4. Once More 'Round The Sun
  5. 5. Chimes At Midnight
  6. 6. Asleep In The Dark
  7. 7. Feast Your Eyes
  8. 8. Aunt Lisa
  9. 9. Ember City
  10. 10. Halloween
  11. 11. Diamond In The Witch House

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Mastodon

Mastodon ist nicht nur die Bezeichnung für einen prähistorischen Kollegen des gängigen Mammuts, sondern auch der Namen einer aus Atlanta, Georgia stammenden …

13 Kommentare mit 84 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Deutschland perfekt gespielt und jetzt endlich mal das Album über HIFI-Anlage. Peak of their oeuvre - fantastisch. Album des Jahres - Aunt Lisa mein Favorit aktuell.

  • Vor 9 Jahren

    Jaaaa und nochmal Jaaa so hört sich das bei Weltmeistern an und das sind (mal wieder) fucking Mastodon. Wichtig dabei...Zeit nehmen und mehrmals durchhören. Bei früheren Werken war das ja noch besonders anspruchsvoll aber jetzt flutschen die catchy Riffs mit dem traumhaften Drumfills nur so ins Ohr. Härte ist natürlich immer noch ausreichend vorhanden aber die perfekte Dosierung auf Albumlänge ist einfach meisterhaft...nebenbei wollte ich noch auf kein anderes Mastodon Album so abtanzen ;) Die Platte verliert zwar etwas an Drive gegen Mitte aber dafür gibt es frickeligen Prog-Metal vom Feinsten...davon bekomme ich nie genug. Sicher der Gesang ist jetzt nicht Elfengleich aber das braucht auch niemand...denn es ist ganz große Musiker am Werk die alles mit solch einer Spielfreude und Leichtigkeit abfeiern...perfekt abgemischt und auf Albumlänge absolut rund mit vielen Entdeckungen gespickt. Fazit: wers nicht kauft, wer die Jungs nicht live erlebt verpasst was Großes!

  • Vor 9 Jahren

    Seit dem Erscheinen von "Once More ´Round The Sun" sind ja nun einige Monate ins Land gezogen. Mögen div. Vorgängeralben (insbesondere "Leviathan" und "Crack The Skye") höher einzuschätzen sein, so fügt sich das neueste Werk von Mastodon trotzdem absolut stimmig in die bisherige Band-Diskographie ein. Meine Song-Favoriten sind "The Motherload", "High Road" und "Chimes At Midnight".

    Aufs Konzert am 12.12. in München kann ich es jedenfalls kaum erwarten - auch wenn mir die aktuelle Setlist fast etwas zu "Once More ´Round The Sun"-lastig ist.