laut.de-Kritik

Die Songs einer neuen Generation.

Review von

Luis Mayberg Raue gilt derzeit als Newcomer der Stunde: da sind virale Hits auf TikTok, Support für Alligatoah, eine fast ausverkaufte Tour im Frühjahr und eine weitere im Herbst. Schlag auf Schlag veröffentlichte der Anfang Zwanziger aus Leipzig auch seit Ende 2019 seine Singles. Vor allem seine bewusst überspitzten und verspielten Texte heben ihn dabei von vergleichbaren Sängern der Indiebubble ab.

Im Oktober vergangenen Jahres beginnt der Singer-Songwriter mit der Produktion seines ersten Albums, wie er in einem Videotagebuch festhält. Gerade einmal acht Songs umfasst "Mini". Dafür sei alles "DIY und es klingt DIY". Er schreibt und produziert seine Songs meist selbst, so auch für das Debüt.

Mayberg besingt die Widersprüche seiner Generation und befindet sich selbst mittendrin. Arroganz auf der einen: "Doch ich komm' nur, wenn es sich lohnt / Das ist der neue Stil meiner Generation" ("Der Neue Stil Meiner Generation"), Unsicherheiten auf der anderen Seite: "Manchmal glaube ich nicht mehr dran / Dass ich mich noch ändern kann". Und immer wieder die Angst, etwas zu verpassen: "Drei Freunde hab ich auch, wir sind die Fear of Missing Out" ("Hilferuf").

"Der Neue Stil Meiner Generation" als Fokussingle zeigt sich auch in der Ausrichtung. Statt auf handgemachten Indie mit Gitarre setzt er vermehrt auf Synthie-Sounds im Stile der Neuen Neuen Deutschen Welle. Schrittweise wurde er immer schneller, elektronischer und tanzbarer. "Irgendwie toucht mich das gerade", erzählte er vergangenes Jahr im Interview. Ausnahme bleibt die letzte Single des Albums, "Das Schönste". Hier kehrt er mit Gitarre zu seinen Wurzeln zurück, die Ironie des Songs erinnert an "Herzlich Willkommen", die ihn mit seinem früheren Vorbild Faber vereint und sonst auf "Mini" etwas fehlt.

Stilmittel des Vertrauens bleiben bei Mayberg besondere Wortspiele, die auch etwas an Faber erinnern: "Dann hilferufe ich dich an / Drück-mich-weg mich an dich ran" singt er im stimmungsgeladen wie textlich stärksten Track des Albums, "Hilferuf". Dazu kommen bekannte Referenzen wie "Jim Beam is not my lover" ("Jim Beam") oder "Doch ich mache dir ein Angebot, dass sich für uns beide lohnt" ("Die Höhle Der Lover").

Und dann wäre da noch TikTok. Dort trendete vergangenen Herbst vor allem eine Speed-Up Version seiner damals nur als Demo veröffentlichten Single "Endlos". Die Line "Wir sind beide 13 Jahre alt" sorgte zum Leidwesen Maybergs für besonderes Aufsehen, nachdem Minderjährige auf diese Weise ihren großen Altersunterschied zu wesentlich älteren Personen zelebrierten. Und leider, leider sorgt genau diese Line noch dazu für einen eintönigen Ohrwurm.

Nach 18:41 endet das Album auch schon. "Mini" eben. Die Songs gehen in heute gewohnter Manier alle maximal zwei Minuten 40. Mayberg macht eben Songs für seine Generation, Anfang, Mitte Zwanzig und jünger, die mit der Komplexität des Älterwerdens klar kommen müssen. Der neue Stil steht ihm, nur bleibt zu hoffen, dass er sein geschicktes Spiel mit Sprache und Ironie zukünftig nicht zugunsten der Massentauglichkeit verliert.

Trackliste

  1. 1. Der Neue Stil Meiner Generation
  2. 2. Wien
  3. 3. 30 Sekunden
  4. 4. Die Höhle Der Lover
  5. 5. Jim Beam
  6. 6. Hilferuf
  7. 7. Endlos
  8. 8. Das Schönste

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