laut.de-Kritik
Passables Mixtape-Feeling statt Siegeszug.
Review von Yannik GölzSie hatte es kurz in den Händen: "Traumazine" wirkte wie das Album, auf dem Megan ihre Stärken durchgespielt hat. Es war kein Meilenstein, aber endlich der Schritt in Richtung Album-Artist, den die Texanerin so dringend gebraucht hätte. Denn so präsent sie in der Kultur auch sein mag, und so regelmäßig sie mit Singles einschlägt: An der Alben-Front verzeichnet sie bisher mehr Fehlschüsse als Treffer. Und obwohl sie hier im Grunde alles richtig macht, fühlt es sich doch wie ein Rückschritt an.
Vielleicht, weil die Platte zu nah an "Traumazine" dranbleiben will? Witzig ist zum Beispiel, dass beide mit einem Disstrack eingeleitet werden. "Plan B" krönt den Vorgänger bei den letzten drei Tracks mit einer Konterschelle in richtung Tory Lanez, die sitzt. Nun sollte man meinen, dass der Opener "Hiss" "Plan B" sogar handzahm aussehen lassen würde. Stimmt – und ist vielleicht das erste Problem: "Hiss" ist offensichtlich der beste Track des Albums - und unglücklicherweise der Opener. Nach dem vierminütigen, herablassenden Frontalangriff auf Drake und Nicki hat das Album sein Pulver verschossen.
Vor allem, weil die darauffolgenden Tracks weder den Biss noch die Fantasie haben, wirklich etwas draufzusetzen. "Real hot girl shit", heißt es dann, und es wird halt über irgendeinen Beat gerappt, dass die anderen alle kacke sind. Frau Thee Stallion, dieses Thema ist bereits abgedeckt!
Ja, objektiv gibt es ein bisschen Variation, unter anderem mit einem generischen New York-Drill-Track mit Kyle Richh von der 41-Gang. Aber Megans Performances switchen erst mit "Otaku Hot Girl", dem Track mit der besten Hook des Tapes. Und ja, die ist gut, aber irgendwie auch nicht das beste Zeichen, wenn die beste Hook ein Anime-Loveletter ist, auf dem sie das japanische Wort "arigato" bis ins Absurde überbetont. Mein lieber Mann, hätte das eine weniger coole Person als Megan gewagt, hätte das ziemlich in die Hose gehen können, haha.
Dass es gut funktioniert, scheint sie selbst zu merken, weswegendas Konzept ein paar Tracks später auf "Mamushi" wiederholt wird. Dieses Mal sogar im Team mit dem japanischen Rapper Yuki Chiba. Klingt cool, aber spricht nicht gerade für den Ideenreichtum des Albums. Highlights brauchen eh irgendwie vermehrt Features, denn die wirklichen Ausreißer nach oben, abseits von der soliden, rockigen Single "Cobra" mit Spiritbox, bieten Texas-Legenden: UGK auf "Paper Together" zu haben, ist natürlich ein Ritterschlag, R.I.P. an Pimp C – und auch Big K.R.I.T. auf "Miami Blue" macht Stimmung.
Aber sonst? Das Hauptproblem, müsste man es diagnostizieren, scheint ein Mann namens Lil Ju zu sein. Klingt beschissen, Megan dafür anzugreifen, dass sie sehr mit ihren Day Ones bleibt, immerhin war der Kerl vor der ersten "Tina Snow"-EP ein Niemand, der außer ein paar Beats für Gucci Mane nichts zu bieten hatte. Aber verdammt, Megan kämpft um Kronen, und die Beats auf diesem Album werden dem Standard nicht gerecht.
Es wäre schon ein Problem, dass ihr Flow recht oft recht uniform erscheint, aber das schlimmste Gefühl auf "Megan" ist dieses Gefühl des Plätscherns. Und das Plätschern hat viel mit diesen Beats zu tun, die eine n soliden Bounce, aber absolut keine Identität haben. Selbst mittelklassige Einwürfe von Tay Keith oder BuddhaBless fühlen sich wie Upgrades an.
Dabei sollte Megan doch langsam an einem Punkt sein, an dem sie wirklich ihre eigene Welt kreieren könnte? "Megan" will sich die Macht eines Self-Titles zunutze machen, fühlt sich aber eher an wie ein paar zusammengeworfene Tracks im Rückenwind des starken Disstracks. Leider stehen diese aber nicht im Rückenwind, sondern einfach nur in dessen Schatten, wenn sie wie halbgare Dreingaben nach Track eins dahinplätschern. Die Tatsache, dass seine Protagonistin am Mic eine Übermacht sein kann, nutzt "Megan" nicht – und gibt sich mit passablen Mixtape-Vibes zufrieden.
1 Kommentar
Track 1 , 9 und 10 sind fett. Rest ist whack