laut.de-Kritik
Rollt vorwärts wie ein edler alter Straßenkreuzer.
Review von Dani Fromm"Guess who's coming up?" Zufriedenes Grinsen macht sich breit, wenn sich einer meiner Lieblings-Wu-Tang-MCs zurück an die Front meldet. Wenn er das dann nach durchschrittener Talsohle auch noch in blendender Verfassung tut, wächst sich das schon mal zur Gesichtslähmung aus.
"Is It Me"? Keine Frage: Hier hat jemand den amerikanischen National Weed Smoking Day ohne akut Schaden zu nehmen überstanden und präsentiert sich am "Day After" in Hochform. Nicht nur körperlich überragt Method Man viele seiner Kollegen. Vor allem, was seinen Flow betrifft, ist und bleibt er den meisten um mehrere Nasenlängen voraus.
Die Lyrics flirren in der Eröffnungsnummer mindestens ebenso locker und lässig über den Beat, wie der allgegenwärtige Scott Storch Pianonoten durch das zugehörige Instrumental perlen lässt. Zwischen der hohen Klaviermelodie und den druckvollen, wuchtigen Bässen entsteht eine Kluft, in der sich ein äußerst imposanter MC breit macht.
Leicht besorgt frage ich mich: Wird Mr. Clifford Smith den guten Eindruck zu Beginn wohl über Albumlänge durchhalten? Eine Stunde später feixe ich immer noch. Alle Bedenken stellten sich als grundlos heraus. Meth kommt mit einem zurückhaltenden, schmucklosen Mathematics-Beat ("Everything") gleichermaßen bestens zurecht wie mit Havocs deutlich protzigerem "Somebody Done F**ked Up".
Getrieben von funky Wah-Wah-Sound und sattem Bass rollt "Problem" vorwärts wie ein edler alter Straßenkreuzer: elegant, nicht zu schnell. Erick Sermon weiß, was er tut. Für das ausgesprochen introspektive "Say" bastelt er aus Akustikgitarren und Streichern eine gefühlvolle Basis zu Method Mans erfreulich wenig wehleidiger Nachdenklichkeit.
Um sich nicht allzu tief in Gefühlsduseleien zu verstricken, wird in "Ya'Meen" wieder so derbe draufgehauen, dass man sich die pulverisierten Reste seiner Halswirbel von den Schultern wischen möchte. Langeweile bekommt nicht die leiseste Chance.
Kwames "Fall Out" lebt von einem schlichten Grundgerüst, das viel von einem Dirty-South-Stampfer in sich trägt. Im Ganzen gerät der Track im Vergleich zu Atlantas durchschnittlichem Output aber doch wesentlich finsterer und lange nicht so partylastig.
Relaxt "with the Meth" wird in "Let's Ride": Entspanntes Piano untermalt eine hübsche R'n'B-Schmonzette, bei der sich mir allerdings die Frage aufdrängt, ob ich Ginuwine wirklich auf einem Wu-Tang-Album hören möchte. Gleiches gilt für "4 Ever", in dem mich (im Gegensatz zu den Raps) der Standard-Gesangspart von Megan Rochell ehrlich nicht vom Hocker reißt.
Die dichtesten Instrumentals entstammen - wie könnte es anders sein - den Reglern des RZA höchstselbst. Träge rappt sich Meth durch ein beklemmendes "4:20". In "The Glide" liefert er sich mit Raekwon und LA the Darkman fließende Übergänge. In "Dirty Mef" beschleicht mich in Anbetracht der gemeinsamen Wellenlänge, die Meth mit ODB erreicht, wieder einmal ein leises Bedauern. Blöder Hund: 35 ist doch wirklich kein Alter, in dem man tot umfzufallen hat!
Wuchtiger als in "Walk On" wurden Orgeln, Gitarren, ein Isaac Hayes-Sample und begeistert kreischende Fans wohl lange nicht zusammengefügt. Redman zählt zwar keineswegs zu meinen Favoriten, dennoch muss ich ihm hier nicht unerhebliche Klasse attestieren.
Vollends reinlegen möchte ich mich in dunklen, mit Cuts und Sprachfetzen durchsetzten, drohend wabernden Sound, wie RZA ihn gegen Ende noch einmal auftischt. Wenn man irgendwann wirklich Tracks heiraten kann, in Dänemark: Ich bitte um die Hand von "Presidential MC".
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