laut.de-Kritik

Halb himmlische, halb furchtbare Coverversionen.

Review von

Ein Werk mit Coverversionen als drittes Album zu veröffentlichen, ist ein unüblicher Schritt. Zu Beginn der Karriere ist es nicht ungewöhnlich, sich fremden Materials zu bedienen, schließlich fängt es damit meistens an. Irgendwo in der Mitte macht es auch Sinn, wenn Inspiration, Kohle oder eine letzte Platte fehlen, um einen Vertrag zu erfüllen. Aber zu solch einem frühen Zeitpunkt in einer vielversprechenden Karriere?

"Diese Lieder bedeuten mir alle sehr viel. Musik anderer Menschen hat mir durch sehr schwierige Zeiten geholfen, weshalb ich mich nun ihrer angenommen habe", erläutert der Sänger aus Texas. Dabei scheint er die Grundproblematik eines solchen Unterfangens nicht ganz zu verstehen: Der Vergleich mit den Originalen.

Auf den ersten acht Stücken schlägt sich Hinson wacker, mit kaum mehr als einer Akustikgitarre und seiner unergründlichen, gebrochenen Stimme ausgestattet. Es gelingt ihm tatsächlich, alten Gassenhauern wie Leonard Cohens "Suzanne" oder Bob Dylans "The Times They Are A Changin'" neues Leben einzuhauchen.

Zurecht hat er erkannt, dass die Originalversionen kaum zu schlagen sind, weshalb er erst gar nicht versucht, sie zu ändern, sondern sie getreu widergibt.

Frank Sinatras "My Way" nimmt man ihm deshalb genauso ab wie John Denvers Bekenntnis "This old guitar gave me my life and my living". Oder auch "We Almost Had A Baby" der jungen Britin Emmy The Great.

Das Problem entpuppt sich auf der zweiten Hälfte, die Hinson als eigenständige CD sieht und daher auf einen zweiten Rohling presste. Das ist gut so, denn anhören muss man sie sich höchstens einmal.

Leadbellys "In The Pines" unterlegt er mit verzerrten Gitarren am Anschlag wie einst Nirvana, aber ohne auch nur annähernd denselben Effekt zu erzielen. Elvis' "Are You Lonesome Tonight" kommt zu Ehren, weil Hinson in Memphis auf die Welt gekommen ist. Ein durchaus berechtigter Grund, aber ein originelleres Stück hätte er sich trotzdem aussuchen können, zumal er hier viel zu sehr auf Kurt Wagner von Lambchop macht.

Den Tiefpunkt bildet Buddy Hollys "Listen To Me", das man trotz des Titels getrost überspringen darf. Allzu oft nervt auf diesem Album Hinsons Hang zum Pathos. Auch sind die Stücke auf den zwei Platten stimmungstechnisch so unterschiedlich, dass sie nicht recht zueinander passen wollen.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Slow and Steady - Pedro The Lion
  2. 2. This Old Guitar - John Denver
  3. 3. Kiss Me Mother, Kiss You Darling - Letta C.Lord & George F. Root
  4. 4. Not Forever Now - Centro-Matic
  5. 5. The Times They Are A Changin' - Bob Dylan
  6. 6. Suzanne - Leonard Cohen
  7. 7. We Almost Had A Baby - Emmy The Great
  8. 8. My Way - Frank Sinatra

CD 2

  1. 1. Sleepwalk - Santo And Johnny
  2. 2. Running Scared - Roy Orbison
  3. 3. Stop The World - Patsy Cline
  4. 4. Are You Lonesome Tonight - Elvis Presley
  5. 5. In The Pines - Leadbelly
  6. 6. You Didn't Have To Be So Nice - The Lovin' Spoonful
  7. 7. Listen To Me - Buddy Holly
  8. 8. While My Guitar Gently Weeps - The Beatles

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